Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung des sich in Annahmeverzug befindlichen Arbeitgebers zum Ersatz des dem Arbeitnehmer entstehenden Steuerschadens

 

Leitsatz (redaktionell)

Gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, weil er nach Ausspruch einer Kündigung die Gehaltszahlung an den Arbeitnehmer einstellt, hat er dies zu vertreten, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam war. Insoweit ist zu prüfen, ob sich der Arbeitgeber in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befand. Entscheidend ist, ob er unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit vertretbaren Gründen zu der Annahme gelangen durfte, die Kündigung werde sich als rechtsbeständig erweisen. Bei rechtlichen Zweifeln ist der Rechtsirrtum entschuldbar, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist und der Schuldner sie sorgfältig geprüft hat. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Kündigung als rechtsbeständig erweist. Zu beachten ist, dass das Vertrauen im Laufe des Kündigungsrechtsstreits seine Berechtigung verlieren kann.

 

Normenkette

BGB §§ 615, 611, 280 Abs. 1 S. 2, §§ 278, 276 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Urteil vom 14.02.2006; Aktenzeichen 1 Ca 1672/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 14.02.2006 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen durch verspätete Lohnzahlung entstandenen Steuerschaden zu erstatten.

Der Kläger ist seit dem 01.04.1987 als Arbeiter bei der Beklagten tätig. Er erzielt einen monatlichen Bruttolohn von 2.581,36 EUR brutto. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der BMT – G II Anwendung.

Mit Schreiben vom 11.03.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos. Das Kündigungsschreiben hatte folgenden Inhalt:

Außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Ihnen und der Stadt L1xxxxxx gem. § 53 BMT – G II

Sehr geehrter Herr D1xxxx,

das zwischen Ihnen und der Stadt L1xxxxxx bestehende Arbeitsverhältnis wird hiermit gem. § 53 BMT-G II außerordentlich fristlos gekündigt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Tages, an dem Ihnen dieses Kündigungsschreiben zugestellt wurde.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beiden Vertragsteile ist der Stadt L1xxxxxx die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar.

Die außerordentliche fristlose Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses ist aus in Ihrem Verhalten liegenden wichtigen Gründen erforderlich. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung ist nicht zumutbar. Auch die Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit Ihnen zu anderen Bedingungen ist nicht möglich.

Begründung:

Am 14.2.2003 hat uns die Leiterin des Baubetriebshofes, Frau B3xxxxx-K7xx, folgenden Sachverhalt mitgeteilt:

In der Zeit vom 4. – 6.2.2003 haben Sie ohne Genehmigung des Vorarbeiters bzw. der Leiterin des Baubetriebshofes während der Arbeitszeit mehrfach mit einem Dienstfahrzeug Ihren Arbeitsplatz und das Stadtgebiet verlassen, um Holz aus einer Durchforstung zu Ihrem Wohnsitz zu bringen. Die Abholung von 6 – 8 cbm Frischholz von der Maßnahme „W5xxxxxxxxxxx.” war Ihnen vom Vorarbeiter, Herr A1xxxxx F2xxxx, zugesagt worden. Hierbei sind Sie jedoch verpflichtet, die betriebsinternen und bekannten Regelungen für die Abholung von Frischholz zu beachten. Gegen diese Regelungen haben Sie in grober Weise verstoßen.

Die Abholung des Frischholzes für Ihren privaten Gebrauch hätten Sie außerhalb der Arbeitszeit zu erledigen. Bei einer Kontrolle der Tagesarbeitsberichte durch die Mitarbeiterin des Baubetriebshofes, Frau W6xxxxxxx, fiel die für Sie unübliche Arbeitstelle „W5xxx-xxxxxxxx.” in Ihrem Bericht auf. Frau W6xxxxxxx hat Sie daraufhin angesprochen. Frau W6xxxxxxx, der die Regelungen über die private Holzabfuhr bekannt sind, wollte Ihnen deshalb eine Stunde von der Arbeitszeit abziehen. Damit waren Sie nicht einverstanden. Bei Frau W6xxxxxxx haben Sie den fälschlichen Eindruck hinterlassen, dass das „Verfahren” mit den Vorgesetzten abgestimmt sei.

Bei einer weiteren Kontrolle der Tagesarbeitsberichte am 7.2.2003 bemerkte Frau W6xxxxxxx, dass mittlerweile an drei aufeinanderfolgenden Tagen (4. – 6.2.2003) insgesamt 5 Stunden auf der Baustelle „W5xxxxxxxxxxx.” von Ihnen aufgeschrieben wurden. Diesen Sachverhalt meldete Frau W6xxxxxxx der Leiterin des Baubetriebshofes.

Dieser „eigenmächtige” Einsatz auf der genannten Baustelle war nicht erlaubt. Der Einsatzort der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Baubetriebshofes erfolgt durch Einteilung der Vorarbeiter bzw. durch die Bauhofleiterin.

Mit diesem Verhalten haben Sie sich unerlaubt vom Arbeitsplatz entfernt. Selbst nachdem Sie von einer Kollegin auf dieses Fehlverhalten hingewiesen worden sind, haben Sie uneinsichtig die Ungerechtfertigkeit Ihres Verhaltens abg...

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