Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Beschlussverfahren. Dienstfahrzeuggestellung
Leitsatz (amtlich)
Der Streit darüber, ob Betriebsratsmitglieder i. S. v. § 78 BetrVG unzulässig bei ihrer Tätigkeit behindert werden, wenn ihnen nicht weiterhin ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt wird, ist mit 4.000,00 EUR zu bewerten.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Beschluss vom 29.07.2011; Aktenzeichen 5 BV 6/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29. Juli 2011 – 5 BV 6/11 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten haben darüber gestritten, ob Betriebs- und Gesamtbetriebsratsmitglieder unter Verstoß gegen § 78 BetrVG dadurch benachteiligt werden, dass ihnen gemäß einer Anweisung der Arbeitgeberin Carsharing-/Pool-/Dienstfahrzeuge (im Weiteren: Dienstfahrzeuge) nicht zur Verfügung gestellt werden.
Die Überlassung von Dienstfahrzeugen für die Ausübung der Betriebsratstätigkeit war durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt. Nachdem die Arbeitgeberin den Vorwurf erhoben hatte, einzelne Betriebsratsmitglieder nutzten Dienstfahrzeuge für private Zwecke, kündigte der Gesamtbetriebsrat diese Betriebsvereinbarung und verlangte, den Betriebsratsmitgliedern künftig auf der Grundlage der Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes Dienstfahrzeuge für die Betriebsratstätigkeit zur Verfügung zu stellen. Daraufhin ordnete die Arbeitgeberin an, Gesuche von Betriebsräten und einzelnen Betriebsratsmitgliedern auf Überlassung von Dienstfahrzeugen zurückzuweisen und sie auf die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu verweisen, wobei eine befristete Ausnahmeregelung gelten sollte. Gleichzeitig bot die Arbeitgeberin an, über den Abschluss einer neuen Gesamtbetriebsvereinbarung zu verhandeln.
Die Beteiligten haben das vorliegende Beschlussverfahren bereits vor der ersten mündlichen Anhörung durch eine außergerichtliche Einigung beigelegt und sodann das Beschlussverfahren für erledigt erklärt.
Das Arbeitsgericht hat den Gebührenstreitwert auf EUR 4.000,00 festgesetzt. Dagegen wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Gesamtbetriebsrats mit Beschwerde vom 4. August 2011 und begehren, den Gebührenstreitwert auf EUR 300.000,00, jedenfalls deutlich höher als EUR 4.000,00, festzusetzen. Sie begründen dies damit, Dienstfahrzeuge seien von 75 Betriebsratsmitgliedern genutzt worden, die von der Weigerung der Arbeitgeberin, künftig Dienstfahrzeuge zur Verfügung zu stellen, betroffen gewesen seien. Angesichts der Komplexität und Schwierigkeit der Sache und der Anzahl der betroffenen Betriebsratsmitglieder sei der Streitwert mit EUR 4.000,00 pro Betriebsratsmitglied zu bemessen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II. Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht den Gebührenstreitwert für das Beschlussverfahren auf EUR 4.000,00 festgesetzt.
1. Die Bemessung des Streitwerts richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Danach ist der Gegenstandswert auf EUR 4.000,00, je nach der Lage des Falles aber auch niedriger oder höher, jedoch nicht über EUR 500.000,00 festzusetzen, sofern es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Davon ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren immer dann auszugehen, wenn um das Bestehen und die Beachtung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte gestritten wird, weil die Begehren weder auf Geld noch auf geldwerte Leistung gerichtet sind und auch ihre Grundlage nicht in einem Verhältnis haben, dem ein Vermögenswert zukommt (vgl. BAG, Beschluss vom 9. November 2004 – ABR 11/02 (A) – NzA 2005, S. 70 f.; LAG Köln, Beschluss vom 4. Juni 2007 – 9 Ta 104/07 – Wenzel in GK-ArbGG, § 12 Rdn. 445). Streitgegenstand im vorliegenden Beschlussverfahren war die – nach Ansicht des Gesamtbetriebsrats gegebene – Behinderung von Betriebsratsmitgliedern bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch die Anweisung der Arbeitgeberin, keine Dienstfahrzeuge mehr zur Verfügung zu stellen. Dieser Streit ist nichtvermögensrechtlicher Natur (vgl. dazu auch: LAG Brandenburg, Beschluss vom 28. Oktober 1999 – 6 Ta 227/99 –). Es wurde nicht eine konkrete geldwerte Leistung von einzelnen Betriebsratsmitgliedern gefordert. Finanzielle Auswirkungen traten auch nicht ein. Vielmehr ist gerügt worden, Betriebsratsmitglieder verspäteten sich aufgrund der erschwerten Anreise zu den Betriebsratssitzungen, was schon zur Beschlussunfähigkeit geführt habe.
2. Innerhalb des nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG vorgegebenen Bewertungsrahmens ist der Streitwert nach Lage des Falles zu bestimmen, wobei es neben der Bedeutung der Angelegenheit auch auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ankommt (vgl. LAG Köln, Beschlüsse vom 31. Juli 2004 – 3 Ta 180/03 –, vom 10. Juni 2005 – 9 Ta 34/05 – und vom 16. Julli 2008 – 9 Ta 192/08 –; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 3. Aufl., § 12 Rdn. 220). Dabei ist aber auc...