Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg. Statusklage. Kündigungsschutzklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Entscheidung über den Antrag „festzustellen, daß zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat” (Statusklage), ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch dann gegeben, wenn der Kläger diese seine Rechtsbehauptung nicht hinreichend substantiiert oder diese sich als falsch herausstellt. In allen Fällen liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit „zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses” vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG).

2. Für die Entscheidung über den Antrag „festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom … nicht aufgelöst ist”, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch dann gegeben, wenn die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers bestritten ist. Es liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit „zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis” vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG).

 

Normenkette

GVG § 17a Abs. 4 S. 3; ZPO § 577; ArbGG § 2 Abs. 1 Nrn. 3a, 3b

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 05.07.1995; Aktenzeichen 4 Ca 51/95)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Rechtswegbeschluß des Arbeitsgerichts Bonn vom 05.07.1995 aufgehoben. Es wird festgestellt, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin wurde von der beklagten GmbH als Maklerin beschäftigt. Der dem Vertragsverhältnis zugrunde liegende Vertrag bezeichnet sie als „selbständige Gewerbetreibende”. Dementsprechend war die formelle Seite des Vertragsverhältnisses (Steuern, Versicherung) ausgestaltet. Im Gegensatz hierzu und zur Ansicht der Beklagten hält sich die Klägerin für eine Arbeitnehmerin. Sie wendet sich gegen zwei von der Beklagten ausgesprochene Kündigungen (vom 23. und 30.12.1994) sowie gegen die mit Schreiben vom 09.12.1994 zum Ausdruck gekommene Ansicht der Beklagten, sie – die Klägerin – habe selber unter dem 09.12.1994 eine Kündigung ausgesprochen. Dementsprechend klagt sie vor dem Arbeitsgericht mit folgenden Anträgen:

1.) festzustellen, daß zwischen den Parteien seit dem 01.03.1994 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat;

2.) festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 23.12.1994 zum 23.12.1994 aufgelöst ist;

3.) festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch eine arbeitnehmerseitige Kündigung vom 09.12.1994 zum Ablauf des 31.12.1994 aufgelöst ist;

4.) festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 30.12.1994 aufgelöst ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung u.a. mit der Begründung, die Klägerin sei nicht ihre Arbeitnehmerin gewesen. Sie erhebt außerdem Widerklage auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.

Das Arbeitsgericht hat sich mit Beschluß vom 05.07.1995 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen mit der Begründung, die Klägerin habe ihre Rechtsbehauptung, Arbeitnehmerin zu sein, nicht hinreichend substantiiert. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.

 

Entscheidungsgründe

II. Über die sofortige Beschwerde war vom Landesarbeitsgericht gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden (BAG, Beschluß vom 10.12.1992 – 8 AZB 6/92).

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG an sich statthaft und zulässig. Sie ist fristgerecht (§ 577 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden.

Sie hatte auch in der Sache Erfolg. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG. Es liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit „über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses” vor. Denn darum handelt es sich bei den sog. Statusklagen, die nach allgemeiner Meinung vor die Arbeitsgerichte gehören (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 2 Rdn. 65). Der Klageantrag zu 1.) ist der klassische Fall einer Statusklage. Ist das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses selber der Streitgegenstand, ist die Frage, ob der Kläger Arbeitnehmer ist, zwangsläufig eine solche der Begründetheit. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Arbeitsgerichte ja auch die Befugnis haben, das Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses festzustellen. Dazu kämen sie aber niemals, wenn sie in solchem Fall eine Verweisung aussprechen müßten.

Für die übrigen Anträge ergibt sich die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bereits aus der Zusammenhangs Zuständigkeit des § 2 Abs. 3 ArbGG. Sie wäre aber auch insoweit originär gegeben: Für eine Feststellungsklage, mit der ausdrücklich die Fortdauer eines „Arbeitsverhältnisses” festgestellt werden soll (§ 4 KSchG), ist nämlich auch bei bestrittenem Arbeitnehmerstatus des Klägers der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichtes gegeben (LAG Köln, Beschluß vom 17.02....

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