Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfeantrag keine Rechtsanhängigkeit begründend. Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bei Sic-Non-Fallgestaltung. Arbeitnehmereigenschaft für Begründung des Rechtswegs. Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bei Geltendmachung von Mindestlohn
Leitsatz (amtlich)
Eine Sic-non-Fallgestaltung, bei der die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet, liegt nicht vor, wenn eine Entgeltklage dem Grunde nach auf einen vertraglichen Vergütungsanspruch gestützt und hinsichtlich der Höhe auf den Mindestlohn als zumindest angemessene und übliche Vergütung beschränkt wird.
Normenkette
GVG § 17a; ZPO § 261 Abs. 1; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 09.06.2021; Aktenzeichen 4 Ca 310/21) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen verneinenden Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 09.06.2021 - 4 Ca 310/21 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Gründe
I.
Der Kläger fordert von dem Beklagten Vergütung für die Monate September 2019 bis Dezember 2020.
Der Beklagte betreibt ein seit dem 01.09.2019 angemeldetes Gewerbe, das Umzugstransporte, den Verkauf von gebrauchten Möbeln und Hausrat, Wohnungsräumungen und Haushaltsauflösungen zum Gegenstand hat. Die für den Betrieb des Gewerbes notwendige Halle hatte der Kläger angemietet.
Der Kläger behauptet, er sei seit dem 01.09.2019 bei dem Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Der Beklagte habe ihm eine "Beteiligung" für die Zukunft in Aussicht gestellt und so erreicht, dass er über längere Zeit gearbeitet habe, ohne eine Vergütung zu erhalten. Seine Aufgabe sei es gewesen, bei den Transporten, Wohnungsräumung und Haushaltsauflösungen tätig zu sein und den Verkauf von gebrauchten Möbeln und Hausrat durchzuführen. Mit dem Beklagten habe er vereinbart, montags, dienstags, donnerstags und freitags jeweils zwischen 8:30 und 18:00 Uhr sowie nahezu jeden Samstag zwischen 8 und 13:00 Uhr tätig zu sein. Eine Vereinbarung zur Höhe des Arbeitslohnes hätten die Parteien nicht getroffen. Sie hätten vorausgesetzt, dass er, der Kläger, angemessen und üblich bezahlt werde. Tatsächlich habe der Beklagte jedoch keinerlei Zahlungen geleistet, obwohl er, der Kläger, ihn mehrfach gebeten habe, zumindest Abschlagszahlungen auszukehren. Seine Tätigkeit habe er, der Kläger, mit Wirkung zum Dezember 2020 beendet.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm für die Zeit von September 2019 bis Dezember 2020 eine Arbeitsvergütung zustehe. Diese berechnet er auf der Basis eines Mindestlohns von 9,35 EUR/Stunde, da dieses Lohnniveau jedenfalls nicht unterschritten werden dürfe.
Mit einem am 21.01.2021 bei dem Arbeitsgericht Siegburg eingereichten Antrag auf Prozesskostenhilfe hatte der Kläger angekündigt, den Beklagten nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu verurteilen, an ihn 29.048,24 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat mit Verfügung der Vorsitzenden vom 22.01.2021 einen Termin zur Güteverhandlung bestimmt und die Zustellung des Schriftsatzes an den Beklagten verfügt, die am 26.01.2021 erfolgt ist. Im Gütetermin vom 01.03.2021 hat das Arbeitsgericht dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.
Der Beklagte rügt die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen und vertritt die Ansicht, zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden. Vielmehr habe es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Gründung gehandelt. Der Kläger habe, so seine Behauptung, nur sporadisch Leistungen erbracht. Diese seien abgegolten worden.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss der Kammer vom 09.06.2021 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger eine für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses notwendige weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit nicht ausreichend dargelegt habe. Der Kläger sei auch keine arbeitnehmerähnliche Person.
Der Beschluss ist dem Kläger am 16.06.2021 zugestellt worden. Dagegen richtet sich seine am 30.06.2021 bei dem Arbeitsgericht eingereichte Beschwerde, der das Gericht durch Beschluss der Vorsitzenden vom 07.07.2021 nicht abgeholfen hat.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das sachlich und örtlich Landgericht Köln verwiesen.
1.) Der Beschluss unterliegt nicht deshalb der Aufhebung, weil die Klage im Zeitpunkt der Entscheidung nicht ordnungsgemäß zugestellt war. Zugestellt worden war dem Beklagten nur ein Prozesskostenhilfeantrag, wodurch gemäß § 261Abs. 1 ZPO keine Rechtshängigkeit begründet werden konnte. Denn dazu bedarf es der Zuste...