Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungsersatz bei nichtiger Betriebsratswahl
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber hat auch im Fall einer nichtigen Betriebsratswahl die dem Scheinbetriebsratsmitglied entstandenen Aufwendungen zu ersetzen, wenn er trotz der Geltendmachung der Nichtigkeit der Wahl und eines hierüber schwebenden Verfahrens die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat fortsetzt und sein weiteres Tätigwerden duldet. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob das Scheinbetriebsratsmitglied seinerseits Zweifel an der Gültigkeit der Betriebsratswahl haben kann.
Normenkette
BetrVG § 40
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 20.03.1996; Aktenzeichen 9 BV 76/95) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 20.03.96 – 9 BV 76/95 – wird zurückgewiesen.
Dem Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, an den Antragsteller weitere DM 62,– nebst 4 % Zinsen seit dem 28.11.96 zu zahlen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darum, ob der Beteiligte zu 2) dem Antragsteller die Reisekosten zu erstatten hat, die ihm entstanden sind, weil er auf Beschluß des beteiligten Betriebsrates an vier vom Gesamtbetriebsrat einberufenen Betriebsräteversammlungen teilgenommen hat.
Bei dem Beteiligten zu 2) handelt es sich um ein sozialpädagogisches Ausbildungs- und Bildungswerk. Der Beteiligte zu 2) unterhält von ihm eingerichtete Jugenddörfer, sozialpädagogische Institute und Schulen, die der Erziehung, Ausbildung und Fortbildung insbesonderer junger Menschen dienen. Der Beteiligte zu 2) unterhält u.a. das rechtlich nicht selbständige Jugenddorf F. Für das Jugenddorf F ist am 18.03.93 ein Betriebsrat gewählt worden, dessen Mitglied der Antragsteller ist. Betriebsräte wurden ebenfalls in den Jugenddörfern Z und E gewählt.
Mit einem am 24.09.93 an alle Einrichtungen gerichteten Rundschreiben wies der Beteiligte zu 2) darauf hin, daß es den Betriebsräten an der rechtlichen Grundlage fehle und auch die Bildung eines Gesamtbetriebsrates unzulässig sei. Erforderte die Einrichtungen dazu auf, Mitarbeitervertretungen gemäß dem Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 06.11.92 zu bilden. Trotz dieses Hinweises wurden im Jugenddorf B am 03.12.93 und im Jugenddorf H am 17.03.94 Betriebsräte gewählt. Der Beteiligte zu 2) machte daraufhin zunächst hinsichtlich der seit dem Rundschreiben vom 24.09.93 neu gebildeten Betriebsräte Beschlußverfahren anhängig, in denen er begehrte, die Nichtigkeit dieser Wahlen festzustellen. Hinsichtlich des im Jugenddorf B gewählten Betriebsrats wurde die Wahl nach Zurückweisung des Antrags in erster Instanz (Arbeitsgericht Rheine – 1 BV 15/93 –) vom Landesarbeitsgericht Hamm für nichtig erklärt (3 TaBV 52/94). Die hiergegen von dem Beteiligten zu 2) eingelegte Beschwerde ist beim Bundesarbeitsgericht anhängig (7 ABR 60/95). Hinsichtlich der Betriebsratswahl in H wurde die Betriebsratswahl in erster Instanz für nichtig erklärt (Arbeitsgericht Saarbrücken – 5a BV 11/94 –). Das Landesarbeitsgericht Saarland hat über die daraufhin eingelegte Beschwerde noch nicht entschieden. Der Betriebsrat des Jugenddorfs Z hat sich im Februar 1996 aufgelöst. Am 22.02.96 wurde dort eine Mitarbeitervertretung nach dem Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche gebildet. Hinsichtlich des im Jugenddorf F gebildeten Betriebsrats hat der Beteiligte zu 2) am 15.03.96 beim Arbeitsgericht Köln (3 BV 83/96) den Antrag gestellt, die Wahl für nichtig zu erklären. Auch hinsichtlich der Wahl des Betriebsrats im Jugenddorf E ist inzwischen ein Beschlußverfahren eingeleitet worden, in dem der Beteiligte zu 2) begehrt, die Nichtigkeit dieser Wahl festzustellen. Zwischenzeitlich wurden bei dem Beteiligten zu 2) über 100 Mitarbeitervertretungen und eine Gesamtmitarbeitervertretung gebildet.
Im Interesse einer gedeihlichen Zusammenarbeit auf Ortsebene und zum Wohle der Mitarbeiter entschied sich der Beteiligte zu 2) trotz der geführten Verfahren hinsichtlich der Nichtigkeit der Betriebsratswahlen, mit den in den einzelnen Jugenddörfern gebildeten Betriebsräten dergestalt zusammenzuarbeiten, daß diese in personellen Angelegenheiten im Sinne der §§ 92–105 BetrVG entsprechend den Regelungen über Tendenzbetriebe (§ 118 Abs. 2 BetrVG) beteiligt wurden. Dies teilte der Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 3) in einem Schreiben vom 27.09.94 nochmals ausdrücklich mit, wies aber gleichzeitig darauf hin, daß mit der Zusammenarbeit nicht das Anerkenntnis eines rechtmäßigen Bestehens des Betriebsrates verbunden sei (Bl. 117 d.A.).
Am 26.01.94 wurden zwischen den Beteiligten zu 2) und 3) zwei Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeitregelung und zur Sonderurlaubsregelung abgeschlossen. Bis November 1995 wurden zwischen den Beteiligten zu 2) und 3) darüber hinaus Gespräche über die Frage der gleitenden Arbeitszeit geführt. Da der Beteiligte zu 2) den Abschluß einer Betriebsvereinbarung verweigerte und die Gespräche abbrach, wurd...