Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes für Konkurrentenklage im öffentlichen Dienst. Arbeitsvertrag für Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst maßgeblich. Auswahlverfahren als bürgerliche Rechtsstreitigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Für das Konkurrentenstreitverfahren um die Stelle für einen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig. Dass der Bewerbungsverfahrensanspruch des Arbeitnehmers auf chancengleiche Teilnahme an dem Auswahlverfahren durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet ist, macht das Verfahren nicht zu einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit.

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 2; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 06.11.2020; Aktenzeichen 6 Ga 91/20)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2020 - 6 Ca 91/20 - abgeändert.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

 

Gründe

I.

Der Verfügungskläger begehrt mit seinem am 29.10.2020 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereichten Antrag, dass die Verfügungsbeklagte eine von ihr ausgeschriebene Stelle vorläufig nicht besetzt und zunächst über die Besetzung dieser Stelle unter seiner Einbeziehung neu entscheidet.

Die Verfügungsbeklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung und als eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für rund 4 Mio. Menschen in über 200.000 Mitgliedsunternehmen zuständig.

Der 53jährige Verfügungskläger ist bei ihr seit dem 15.03.2017 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.03.2017 tätig und als Schulungswagenfahrer in der Entgeltgruppe 9a BG-AT eingruppiert.

Unter dem 08.07.2020 schrieb die Verfügungsbeklagte zunächst intern eine Stelle "Präventionsberater m/w/d/ (geprüfter Techniker oder Meister aus Handwerk und Industrie)" aus, für die eine Vergütung nach der der Entgeltgruppe 10 TV EntgO vorgesehen ist.

Auf die Bewerbung des Verfügungsklägers fanden am 28.09. und 29.09.2020 Auswahlgespräche im Präventionszentrum in Berlin statt. Mit Schreiben vom 14.10.2020 teilte die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger mit, dass er bei der Besetzung der Stelle mangels Eignung nicht berücksichtigt werde.

Mit seinem am 29.10.2020 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Verfügungskläger die Unterlassung der Stellenbesetzung und die Neuentscheidung über die Besetzung durch die Verfügungsbeklagte. Er ist der Ansicht, die Verfügungsbeklagte habe vorliegend das eigene Anforderungsprofil missachtet und falsch angewendet. Durch die fehlerhafte Durchführung des Auswahlverfahrens verletze sie den Verfügungskläger in seinem Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG.

Mit Beschluss vom 06.11.2020 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Verfahren eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO und keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 2 ArbGG zum Gegenstand habe. Denn der Verfügungskläger stütze seinen Anspruch auf Art. 33 Abs. 2 GG, der eine ausschließliche Verpflichtung des Staates und seiner Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts begründe.

Der Beschluss ist der Verfügungsbeklagten am 09.11.2020 zugestellt worden. Ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist am 19.11.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Verfügungsbeklagte hält eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für gegeben, da der Verfügungskläger in einem Arbeitsverhältnis zu ihr stehe. Allein die Tatsache, dass für die Entscheidung des Rechtsstreits auf einer Norm des öffentlichen Rechts zurückgegriffen werden müsse, führe nicht dazu, dass aus einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit werde. Es gebe eine Vielzahl von Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, für deren Entscheidung Vorschriften mit öffentlich-rechtlicher Natur maßgeblich seien. Auch das Bundesarbeitsgericht habe in einer Vielzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen keine Zweifel daran gelassen, dass Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art unter die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen fielen.

Der Verfügungskläger schließt sich der Rechtsauffassung der Verfügungsbeklagten an.

II.

Die sofortige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint und den Rechtsweg an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen. Für den Eilantrag des Verfügungsklägers ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG eröffnet. Denn es handelt sich um eine bürgerliche Rechtstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und seiner Arbeitgeberin aus einem Arbeitsverhältnis.

1.) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge