Entscheidungsstichwort (Thema)

Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand “Betriebsvereinbarung zur Gleitzeitregelung„. Beteiligtenfähigkeit des Betriebsrats nach Ausscheiden sämtlicher Mitglieder

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Antrag des Betriebsrats auf Einsetzung und Besetzung einer Einigungsstelle wird unzulässig, wenn der Betriebsrat nicht mehr beteiligungsfähig ist, weil sämtliche Mitglieder ausgeschieden sind.

 

Normenkette

ArbGG § 100

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 02.03.2017; Aktenzeichen 2 BV 7/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 02.03.2017 - 2 BV 7/17 G - abgeändert und die Anträge des Beteiligten zu 1) als unzulässig zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung zur Gleitzeitregelung".

Der Beteiligte zu 1) war der bei der Beteiligten zu 2), ein Unternehmen mit etwa 120 Mitarbeitern, gebildete Betriebsrat. Nachdem Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Gleitzeitregelung im Jahre 2016 nicht zu einem Ergebnis geführt hatten, hat der Betriebsrat das vorliegende Verfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle eingeleitet.

Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 02.03.2017 (Bl. 142 ff. d. A.) wurde der Direktor des Arbeitsgerichts a. D. J T zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung zur Gleitzeitregelung" bestellt und die Anzahl der Beisitzer auf jeweils drei festgesetzt. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Beteiligten erster Instanz sowie der Begründung des Arbeitsgerichts zur Einsetzung und zur Besetzung der Einigungsstelle wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den ihr am 13.03.2017 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2) am 22.03.2017 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Nach zahlreichen personellen Veränderungen in der Zusammensetzung des Beteiligten zu 1) amtierten bei Verkündung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Siegburg nur noch drei Betriebsratsmitglieder. Die Vorsitzende B ist sodann aufgrund eigener Kündigung vom 13.03.2017 zum 30.04.2017 (Bl. 222 d. A.) und das Betriebsratsmitglied Br aufgrund Eigenkündigung vom 08.03.2017 zum 30.04.2017 (Bl. 223 d. A.) aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beteiligten zu 2) ausgeschieden. Das letzte verbliebene Betriebsmitglied Bö hat sei Amt mit sofortiger Wirkung schriftlich am 25.04.2017 (Bl. 234 d. A.) niedergelegt.

Die Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, dass die Einsetzung einer Einigungsstelle mangels Vorhandensein eines Betriebsrates nicht mehr erfolgen könne. Zudem nimmt sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, die Verhandlungen zur Gleitzeitregelung seien nicht gescheitert und die Anzahl der festgesetzten Beisitzer verursache unangemessene Kosten.

Die Beteiligte zu 2) beantragt sinngemäß unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle zurückzuweisen.

Die Prozessbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag. Am Einsetzungsantrag werde festgehalten, da eine Kontaktaufnahme zum Beteiligten zu 2) im Beschwerdeverfahren nicht möglich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten vom 22.03.2017, 03.05.2017, 08.05.2017, 18.05.201, 19.05.2017 und 02.06.2017, die Sitzungsniederschrift vom 07.06.2017 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II. 1. Die gemäß § 100 Abs. 2 ArbGG statthafte, form- und fristgerecht i. S. d. §§ 100 Abs. 2 S. 2, 87 Abs. 2 und 3 ArbGG eingelegte Beschwerde ist zulässig.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der Antrag auf Einsetzung und Besetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung zur Gleitzeitregelung ist im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens unzulässig geworden, denn der Beteiligte zu 1) ist nicht mehr beteiligungsfähig.

a) Grundsätzlich ist der Betriebsrat eines Betriebes in einem ihn betreffenden Beschlussverfahren nach § 10 Satz 1, 2. Halbsatz ArbGG beteiligtenfähig. Die Beteiligtenfähigkeit setzt jedoch voraus, dass der Betriebsrat zum für die Entscheidung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt (noch) existiert. Fehlt die Beteiligtenfähigkeit, ist der Antrag als unzulässig abzuweisen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Beteiligtenfähigkeit ist der Schluss der Verhandlung, auf die die Entscheidung ergeht, mithin vorliegend der Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Beschwerde (vgl.: LAG Schleswig-Holstein, Beschl. vom 27. März 2012 - 1 TaBV 12 b/11 - m. w. N.).

b) Im Streitfall gibt es keine Person mehr, welche die Amtsgeschäfte des Betriebsrates auch nur vor...

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