Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Gegenstandswerts bei Aufteilung des Streitgegenstandes in mehrere Anträge

 

Leitsatz (amtlich)

§ 22 Abs. 1 RVG ordnet nicht die Zusammenrechnung mehrerer Anträge an, sondern die Zusammenrechnung der "Werte mehrerer Gegenstände". Die zufällige Aufteilung eines einheitlichen Streitgegenstandes in mehrere Anträge ist für den Gegenstandswert nicht entscheidend.

 

Normenkette

RVG § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 28.01.2016; Aktenzeichen 2 BVGa 34/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 28.01.2016 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert:

Der Streitwert für das Verfahren und den Vergleich wird auf 15.000 € festgesetzt.

 

Gründe

I. Was die Bewertung der Anträge zu 1. bis 10. anbelangt, so sind diese Anträge mit dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 09.03.2016 zutreffend bewertet.

Die Anträge zielen, wie sich aus der Begründung zum Verfügungsanspruch in der Antragsschrift ergibt, darauf, zu verhindern, dass der Betriebsrat als Gremium mit seinem Vorsitzenden T R und dem Betriebsratsmitglied M K in der Ausübung seiner Tätigkeit nicht gestört oder behindert wird.

Dieses gilt sowohl für den Antrag zu 1. wie auch unterstützend für den Antrag zu 2., wie sich schon aus der Begründung zu diesem Antrag unter II. 1. c) der Antragsschrift ergibt. Das Gleiche gilt für den Antrag zu 3. - siehe wiederum II. 1. c) der Antragsschrift.

Gleiches gilt - da nur ein anderes Betriebsratsmitglied als der Vorsitzende von diesen Anträgen betroffen ist - für die Anträge zu 4. bis 6.

Aber auch die Anträge zu 7. und 8. ebenso wie die Anträge zu 9. und 10. Haben dienenden Charakter zur Durchsetzung des Rechts auf ungehinderten Zugang zum Betriebsgelände und zu den Räumlichkeiten und auf Ungestörtheit der Ausübung der Betriebsratstätigkeit - wie sich aus II. 1. d) erster Absatz der Antragsschrift mit dem ausdrücklichen Bezug zu § 78 BetrVG ergibt.

Insoweit ist es angemessen, für diesen einheitlichen, nur in seinen verschiedenen Verästelungen mit den Anträgen präzisierten Streitgegenstand den zweifachen Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zugrunde zu legen (vgl. auch zu einem ähnlichen Fall Landesarbeitsgericht Hamm 26.05.2008 - 13 Ta 260/08 - zu Anträgen, mit denen erreicht werden sollte, dass den Mitgliedern des Betriebsrats Zugang zum Betrieb und zu den Arbeitsplätzen gewährt werde und es unterlassen werde, den Betriebsrat und seine Mitglieder zu diskreditieren und zu behindern bzw. behindern zu lassen).

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats argumentiert hat, es handele sich insgesamt um 12 Anträge, die zusammen zu rechnen seien und dazu auf § 22 Abs. 1 RVG verweist, so ordnet § 22 Abs. 1 RVG nicht die Zusammenrechnung "mehrerer Anträge" an, sondern die Zusammenrechnung der "Werte mehrerer Gegenstände". Die zufällige Aufteilung eines einheitlichen Streitgegenstandes in mehrere durch arabische Ziffern und Kleinbuchstaben gegliederte Anträge ist für den Gegenstandswert nicht entscheidend. Dies gilt insbesondere auch, soweit die Anträge in einem Über- und Unterordnungsverhältnis stehen wie der Antrag zu 1. und die spezifischeren Anträge zu 2. und 3.

Die Festsetzung des zweifachen Hilfswertes des § 23 Abs. 3 RVG wird auch der Bedeutung der Angelegenheit Rechnung getragen. Die faktische Ausschließung des Betriebsratsvorsitzenden oder eines Betriebsratsmitglieds aus dem Betrieb ist eine erhebliche und gravierende Störung und Behinderung der Betriebsratstätigkeit. Diese Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt die Verdoppelung des Hilfswertes, mehr aber nicht, da nicht zu verkennen ist, dass es um eine Regelung - wenn auch nicht nur für wenige Tage, so doch für wenige Monate (15. Dezember bis maximal 1. April) ging.

Da es um eine Erfüllungs- bzw. Befriedigungsverfügung ging, konnte von einem besonderen Wertabzug für das einstweilige Verfügungsverfahren abgesehen werden (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm aaO).

II. Von den vorstehenden Ausführungen nicht erfasst ist allerdings der Antrag zu 11.

Mit dessen Besonderheiten befassen sich weder der Beschluss des Arbeitsgerichts noch die Beschwerdebegründung. Auch in der Antragsschrift findet sich keine ausdrückliche Begründung für diesen Antrag.

Allerdings befindet sich in der Antragsschrift, bezogen auf die Anträge zu 7. bis 10., die Bemerkung, es liege auch ein offensichtlicher Verstoß der Antragsgegnerin gegen den Sozialplan vor. Offensichtlich wollte der Betriebsrat mit diesem Antrag einen Anspruch auf Durchführung des Sozialplans (keine Freistellung vor dem 1. April 2016) durchsetzen.

Gleiches gilt ersichtlich auch für den Antrag aus dem Schriftsatz vom 22.12.2015, mit dem sich ebenfalls weder der angefochtene Beschluss noch die Beschwerdebegründung befassen.

Für diesen selbständigen Streitgegenstand erscheint es gerechtfertigt - unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Anträge einerseits so gut wie keinen Begründungsaufwand erforderten, an...

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