Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme in Form der Weiterbeschäftigung eines Gläubigers
Leitsatz (amtlich)
Einzelfallentscheidung zur Zwangsvollstreckung aufgrund eines Titels auf Weiterbeschäftigung als Produktionsleiter
Normenkette
ZPO § 888; BGB § 362 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 02.01.2024; Aktenzeichen 4 Ca 441/23) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 16.01.2024 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 02.01.2024 - 4 Ca 441/23 - abgeändert.
Gegen die Schuldnerin wird wegen der Nichtvornahme der vertragsgemäßen Beschäftigung des Klägers als Produktionsleiter am Standort W gemäß Ziff. 3 des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.09.2023 - 4 Ca 441/23 - ein Zwangsgeld iHv. 9.500,00 Euro verhängt.
Für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, wird für je 950,00 Euro ein Tag Zwangshaft festgesetzt, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Schuldnerin K R, C L und A N.
Die Vollstreckung der Zwangsmittel entfällt, sobald die Schuldnerin ihrer Verpflichtung nachkommt.
2. Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Durchführung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme in Form der Weiterbeschäftigung des Gläubigers.
Der Gläubiger war zuletzt als Produktionsleiter bei der Schuldnerin zu einer durchschnittlichen monatlichen Bruttovergütung iHv. rd. 9.500,00 Euro beschäftigt. Die Parteien führten nach arbeitgeberseitiger Kündigung einen Kündigungsschutzrechtsstreit. Das Arbeitsgericht hat durch noch nicht rechtskräftiges Urteil vom 27.09.2023 die Unwirksamkeit dieser Kündigung festgestellt. In Ziff. 3 des Tenors hat es entschieden:
"Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Produktionsleiter weiterzubeschäftigen."
Die Aufgaben eines Produktionsleiters umfassen entsprechend einer Stellenbeschreibung vom 19.12.2018 folgende Punkte:
- eingehende Aufträge zu bearbeiten, Vorgaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen, Produktionsaufträge umzusetzen;
- Materialdisposition und Abgleich mit Lagerbeständen;
- Kontrolle von Vorgaben der Entwicklung und Konstruktion, Erstellen von Arbeitsanweisungen mit Fotodokumentation in Zusammenarbeit mit Entwicklung und Qualitätssicherung;
- Kontrollieren, Abgleichen und Freigeben von Produkt- und Produktionsunterlagen wie z.B. Zeichnungen, Stücklisten, Produktionsaufträgen;
- Herstellen von Mustern und Prototypen mit entsprechender Dokumentation und Materialdisposition, Kontinuierliche Optimierung von Produktionsprozessen.
Die Parteien einigten sich in der Folgezeit auf einen Arbeitsbeginn des Gläubigers zum 23.10.2023.
Microsoft Office sowie ein Internetzugang wurden dem Gläubiger erst ab dem 09.11.2023 zur Verfügung gestellt, zuvor wurde ihm eine ODT-Software zur Verfügung gestellt. Zunächst hatte der Gläubiger nur Zugang zu Werk 2. Am 23.11.2023 wurde dem Gläubiger ein Drucker zur Verfügung gestellt. Am 09.02.2024 wurde der Gläubiger darüber informiert, dass er nun auch Zugang zu Werk 1 habe. Einen dienstlichen E-Mail-Account richtete die Schuldnerin dem Gläubiger nicht wieder ein.
Der Gläubiger ist der Auffassung, dass der ihm zugewiesene Einsatz nicht die von ihm begehrte Weiterbeschäftigung als Produktionsleiter sei. Die letzte ihm zugewiesene Aufgabe vom 23.10.2023 ("Planung für eine Automatisierung im Fertigungsprozess", Anl. B 20, Bl. 493 d.A.) habe er - so behauptet er - am 03.11.2023 erledigt; ab dem 06.11.2023 sei er in keiner Weise mehr beschäftigt worden; gleichzeitig habe er die Produktion nicht betreten dürfen. Ihm fehle weiterhin der Zugang zur Produktion, Informationen, ein externer Telefonanschluss, ein Zugriff zum Server und Software. Er habe seine Arbeit auch nicht selbständig eingestellt; vielmehr warte er derzeit auf eine Rückmeldung zu seinen Ausarbeitungen. Er habe mehrfach um eine Besprechung gebeten, jedoch keine Antwort erhalten. Er sei zur Erfüllung seines Weiterbeschäftigungsanspruches so einzusetzen, dass er grundsätzlich in der Lage sei und bleibe, das gesamte Spektrum der Arbeitsaufgaben bei Bedarf und Zuweisung adäquat erledigen zu können. Das sei hier nicht schon durch die Übertragung einer kleineren Teiltätigkeit aus dem gesamten Aufgabenspektrum erfüllt, wenn er gleichzeitig von jeglichem Kundenkontakt, vom innerbetrieblichen Arbeitsaustausch ferngehalten und ihm der Zugang und die Nutzung aller für das Geschäft der Schuldnerin notwendigen und üblichen - computerbasierten - Informationsquellen verwehrt werde. Ohne ständigen Zugang zu Markt- und Projektinformationen sowie die Teilnahme am Informationsaustausch mit Kollegen sei er nicht mehr in der Lage, seine Hauptaufgaben angemessen durchzuführen.
Der Gläubiger beantragt,
gegen die Schuldnerin wegen der Nichtvornahme der vertragsgemäßen Beschäftigung des Klägers als Produktionsleiter am Standort W gemäß Ziff. 3 des Urte...