Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Personelle Einzelmaßnahme. Einstellung. Gegenstandswert bei Streit um Beteiligungsrechte gemäß §§ 99, 100 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bemessung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit bei Beteiligungsrechten gemäß §§ 99, 100 BetrVG bzw. der Aufhebung personeller Maßnahmen gemäß § 101 BetrVG richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, da es sich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten handelt.

2. Bei der Wertfestsetzung kann nicht auf die Vergütungshöhe des eingestellten Arbeitnehmers abgestellt werden. Die Auffassung, § 42 Abs. 3 S. 1 GKG (n.F.) (= § 42 Abs. 4 S. 1 GKG (a.F.)) könne analog angewandt oder sonst zur Ermessenskonkretisierung herangezogen werden (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 13.08.2008, 6 Ta 324/08 und vom 16.06.2006, 6 Ta 288/06 m.w.N.; LAG Hamm, Beschluss vom 30.11.2009, 10 Ta 601/09; LAG Hamburg, Beschluss vom 26.07.2010, 7 Ta 13/10 und vom 19.07.2010, 4 Ta 11/10), überzeugt nicht. Die Regelung des § 42 Abs. 3 S. 1 GKG (n.F.) betrifft eine vermögensrechtliche Streitigkeit, während bei der Aufhebung personeller Maßnahmen gemäß § 101 BetrVG der Wert der anwaltlichen Tätigkeit in einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit zu bestimmen ist. Im vorliegenden Verfahren stehen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates in Streit und nicht die individualrechtliche Wirksamkeit von Einstellungsmaßnahmen.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 27.02.2012; Aktenzeichen 13 BV 27/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 27.02.2012 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 22.02.2012 - 13 BV 27/12 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit.

In der Hauptsache haben die Beteiligten im Beschlussverfahren um die Aufhebung der ohne Zustimmung des antragstellenden Betriebsrates zum 01.01.2012 durch die Antragsgegnerin vorgenommenen Einstellung des Arbeitnehmers M M gestritten. Nachdem das Arbeitsverhältnis mit Herrn M zum 31.01.2012 beendet worden war, haben die Beteiligten das Beschlussverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 22.02.2012 - 13 BV 27/12 - ist das Verfahren eingestellt und der Gegenstandswert unter Hinweis auf § 23 Abs. 3 RVG auf 4.000,- € festgesetzt worden.

Mit der am 28.02.2012 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde vom 27.02.2012 begehrt die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 30.000,- €. Sie meint, für den Gegenstandwert sei "in Anlehnung an § 42 Abs. 4 S. 1 GKG" von dem Vierteljahresverdienst des Arbeitnehmers M in Höhe von 30.000,- € auszugehen und verweist insoweit insbesondere auf die Rechtsprechung des LAG Düsseldorf. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 06.03.2012 unter Verweis auf die neuere Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln nicht abgeholfen.

Im Rahmen der im Beschwerdeverfahren erfolgten Anhörung ist kein weitergehender Vortrag erfolgt.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ist gemäß § 33 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2 RVG beschwerdeberechtigt. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht gemäß § 33 Abs. 3 S. 2, Abs. 7 RVG eingelegt worden ist.

2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des LAG Köln (LAG Köln, Beschlüsse vom: 14.07.2005, 12 Ta 198/05, 20.12.2005, 8 (5) Ta 417/05; 20.07.2007, 5 Ta 173/07; 21.12.2007, 10 Ta 339/07; 15.05.2008, 7 Ta 114/08; 16.07.2008, 9 Ta 159/08; 11.11.2008, 13 Ta 368/08; 25.05.2009, 12 Ta 110/09 jeweils m.w.N.) ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass sich die Bemessung des Gegenstandswertes bei Beteiligungsrechten gemäß §§ 99, 100 BetrVG bzw. der Aufhebung personeller Maßnahmen gemäß § 101 BetrVG nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG richtet, da es sich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten handelt. Diese Rechtsprechung steht auch im Einklang mit der überwiegenden Meinung der anderen Landesarbeitsgerichte (vgl. z.B. LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2009, 5 Ta 33/09 unter Verweis auf den Beschluss vom 10.12.2004, 3 Ta 196/04; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.07.2006, 2 Ta 86/06; LAG Nürnberg, Beschluss vom 21.07.2005, 9 Ta 137/05 und vom 20.06.2006, 6 Ta 81/06).

In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Halbsatz RVG mit 4.000,- EUR, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,- EUR, anzunehmen. Bei der Bemessung des Gegenstandswertes gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 RVG sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesonder...

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