Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung persönlichen Erscheinens. GmbH-Geschäftsführer. Ordnungsgeld. Meistbegünstigungsgrundsatz bei unklarer Rechtsmittelbelehrung
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen einen Ordnungsgeldbeschluss nach § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde gemäß § 380 Abs. 3 ZPO statthaft.
2. Der Ordnungsgeldbeschluss nach § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO ist an die geladene Partei persönlich zuzustellen.
3. Wird der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Ordnungsgeldbeschluss sowohl der Partei persönlich wie auch ihrem Anwalt förmlich zugestellt, und zwar an unterschiedlichen Tagen, so liegt eine in den Verantwortungsbereich des Gerichts fallende Unklarheit der Rechtsmittelbelehrung vor, die nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz dazu führt, dass die später ablaufende Rechtsmittelfrist maßgeblich ist.
4. Wird das gesetzliche Vertretungsorgan einer juristischen Person (z. B. GmbH-Geschäftsführer) persönlich geladen, richtet sich das Ordnungsgeld gegen die geladene natürliche Person (Organ), nicht gegen die juristische Person (GmbH).
5. Von der persönlich geladenen Partei kann erwartet werden, dass sie alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt, um den Termin wahrnehmen zu können.
6. Zu den Anforderungen an ausreichende Verhinderungsgründe.
7. Von der verhinderten Partei kann erwartet werden, dass sie dem Gericht den Verhinderungsgrund so rechtzeitig mitteilt, dass dieses noch entscheiden kann, ob es den Termin verlegen oder auf die persönliche Anwesenheit der Partei im Termin verzichten will.
8. Der Verhängung eines Ordnungsgeldes steht es nicht entgegen, dass die im Termin anwesende Partei nicht verpflichtet wäre, sich auf die Fragen des Gerichts einzulassen.
9. Das Gericht ist nicht verpflichtet, bei der Ladung der Partei mitzuteilen, welche Fragen es ihr zu stellen gedenkt.
10. Zur Relevanz des Vorbringens, die Partei könne mangels eigener Kenntnis ohnehin keine umfassende Sachaufklärung geben.
11. Die Frage, ob durch das Ausbleiben der persönlich geladenen Partei eine Verfahrensverzögerung eintritt, stellt keine selbständige Voraussetzung für den Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses dar, ist vom Gericht aber im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens als Abwägungsgesichtspunkt zu berücksichtigen.
12. Zur Relevanz des Widerrufs eines in Abwesenheit der persönlich geladenen, aber nicht erschienenden Partei geschlossenen gerichtlichen Vergleichs.
13. Der anwaltliche Prozessbevollmächtigte stellt in der Regel keinen geeigneten Vertreter i.S.v. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO dar. Etwas anderes kann ausnahmsweise insbesondere dann gelten, wenn er schon vor Prozessbeginn in anderer Eigenschaft mit dem Verfahrensgegenstand in Berührung gekommen ist.
14. Ein Ordnungsgeld in Höhe von 400,– EUR gegen eine erstmalig unentschuldigt fehlende Partei (GmbH-Geschäftsführer) hält sich noch in Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens.
Normenkette
ZPO § 141 Abs. 3, § 138 Abs. 4, § 380 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 13.11.2007; Aktenzeichen 2 Ca 925/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Geschäftsführerin der Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts vom 13.11.2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten in der Hauptsache darum, ob zwischen ihnen in dem Zeitraum vom 01.04. bis 31.08.2005 ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden hat bzw. ob der schriftliche Arbeitsvertrag vom 09.03.2005 ordnungsgemäß zustande gekommen ist, zu welchem Zweck und auf wessen Initiative er abgeschlossen wurde und ob und wie er tatsächlich durchgeführt werden sollte und durchgeführt worden ist.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen zur Gebäudebewirtschaftung. Sie nimmt Immobilien- und Objektbetreuungen vor. Der Kläger ist im Motorsport aktiv. Er übt auf diesem Gebiet auch ein eigenes Gewerbe aus. Der Kläger war mit der Geschäftsführerin der Beklagten, deren Ehemann und deren gemeinsamen Sohn schon seit Jahren privat freundschaftlich verbunden, da auch der Sohn der Geschäftsführerin der Beklagten im Kartsport aktiv ist und hierbei vom Kläger diverse Unterstützungsleistungen erfuhr.
Nachdem die Beklagte im Gütetermin des vorliegenden Rechtsstreits Versäumnisurteil gegen sich hat ergehen lassen und hiergegen rechtzeitig Einspruch eingelegt hatte, bestimmte das Arbeitsgericht einen Kammertermin und ordnete das persönliche Erscheinen der Parteien zum Zwecke der Sachaufklärung an. Die beiderseitigen Prozessbevollmächtigten wurden anlässlich ihrer eigenen Ladung zum Kammertermin hierüber informiert. Ausweislich des Ladungsvermerks der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts vom 02.04.2007 wurde die Geschäftsführerin der Beklagten formlos persönlich geladen. Im Kammertermin vom 05.10.2007 erschien die Geschäftsführerin der Beklagten nicht, ohne ihr Nichterscheinen gegenüber dem Gericht vorher angekündigt und entschuldigt zu haben. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärte im Termin nach eigenem Bekunden, möglicherweise befinde sich die Geschäftsführerin in Urlaub.
Die Parteien schlossen im Ka...