Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Verstoß gegen § 99 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
1. Auch im Bereich der personellen Mitbestimmung ist eine auf Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers gerichtete Einstweilige Verfügung möglich.
2. Zu Voraussetzungen und Inhalt einer diesbezüglichen Einstweiligen Verfügung.
Normenkette
BetrVG §§ 99-100; ZPO §§ 935, 940; ArbGG § 85 II
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Beschluss vom 03.07.2002; Aktenzeichen 6 BVGa 12/02) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 03.07.2002 – 6 BVGa 12/02 – teilweise abgeändert:
- Den Antragsgegnerinnen wird aufgegeben, es bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens – 4 BV 48/02 – Arbeitsgericht Aachen, zu unterlassen, Einstellungen von Mitarbeitern vorzunehmen, ohne die Zustimmung des Betriebsrates eingeholt zu haben oder die Zustimmung des Betriebsrates ersetzen zu lassen oder den Betriebsrat im Sinne einer vorläufigen personellen Maßnahme beteiligt zu haben.
- Den Antragsgegnerinnen wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000,– EUR angedroht.
- Im übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
1. Die weitergehende Beschwerde des Betriebsrates wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.
Am 08.05.2002 wurde für diese beiden Unternehmen ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt. Bislang bestand in ihnen jeweils ein eigener Betriebsrat. Im Verfahren 4 BV 48/02, Arbeitsgericht Aachen, wurde die Unwirksamkeit dieser Wahl durch Beschluss vom 02.07.2002 festgestellt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. In einem weiteren Verfahren 6 BV 56/02, Arbeitsgericht Aachen, machen die Antragsgegnerinnen geltend, es liege kein Gemeinschaftsbetrieb vor, so dass die Wahl vom 08.05.2002 schon deshalb unwirksam sei.
Mit der Begründung, die Antragsgegnerinnen missachteten die ihm zustehenden Mitbestimmungsrechte, begehrt der Betriebsrat mit am 02.07.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenem Antrag den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit folgendem Inhalt:
- Die Antragsgegnerinnen werden verpflichtet, die Mitbestimmungsrechte des Antragstellers bei personellen Einzelmaßnahmen im Sinne von § 99 BetrVG, insbesondere bei der Einstellung von Arbeitnehmern, zu beachten, d. h. den Betriebsrat vor Durchführung personeller Einzelmaßnahmen zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der beteiligten Arbeitnehmer zu geben, unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen zu geben und die Zustimmung des Betriebsrates zu der geplanten Maßnahme einzuholen;
- die Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, Einstellungen von Mitarbeitern vorzunehmen, bevor die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG erteilt oder eine etwaig fehlende Zustimmung gemäß § 100 BetrVG durch das Arbeitsgericht ersetzt wurde;
- den Antragsgegnern für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld/Zwangsgeld in höchst zulässiger Höhe, ersatzweise Zwangshaft, zu vollziehen in der Person der Geschäftsführer, anzudrohen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 03.07.2002 die Anträge zurückgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, bei Verstößen gegen die Zustimmungsrechte des Betriebsrates nach § 99 BetrVG hätten die Sanktionen nach §§ 100, 101 BetrVG abschließenden Charakter, dadurch werde der Erlass einer einstweiligen Verfügung ausgeschlossen.
Gegen diesen ihm am 05.07.2002 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 18.07.2002 beim Landesarbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt. Er tritt der Rechtsaufassung des Arbeitsgerichts entgegen und weist darauf hin, dass zur Wahrung seiner Rechte der Erlass der nachgesuchten einstweiligen Verfügung erforderlich sei. Insbesondere stelle die Arbeitgeberin nach wie vor Zeitungszusteller, insbesondere zur Urlaubsvertretung ein.
Der Betriebsrat beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Aachen vom 03.07.2002 – 6 BVGa 12/01 – entsprechend den diesseitigen Anträgen vom 02.07.2002 eine einstweilige Verfügung gegen die Beschwerdegegnerinnen zu erlassen.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertreten zum einen die Ansicht, es fehle bereits an der Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens. Im übrigen werde durch den vom Betriebsrat gestellten umfassenden Leistungsantrag die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen.
Im übrigen habe das Arbeitsgericht zutreffend einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrates verneint.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Beschwerde ist in dem erkannten Umfang – teilweise – begründet. Insoweit liegen die ...