Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Klage des Betriebsrats zur abstrakten Klärung eines Mitbestimmungsrechts
Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtsnatur einer personellen Einzelmaßname nach § 99 BetrVG steht einer abstrakten Klärung eines Mitbestimmungsrechts im Vorfeld, losgelöst von einer konkreten personellen Einzelmaßnahme, entgegen. Ein diesbezüglicher abstrakter Feststellungsantrag ist daher regelmäßig bereits mangels Vorliegen des erforderlichen besonderen Feststellungsinteresses unzulässig.
2. In einem Filial-Einzelhandelsunternehmen setzt die Einordnung eines Personalverantwortlichen als Leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Satz 2Ziffer 1 BetrVG nicht voraus, dass die Personalkompetenz für eine bestimmte Mindestzahl an Beschäftigten im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft des Unternehmens besteht. Dem steht die Betriebsbezogenheit des BetrVG entgegen.
Normenkette
BetrVG §§ 99, 5 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Entscheidung vom 28.01.2016; Aktenzeichen 2 BV 77/15) |
Tenor
- Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 28.01.2016 - 2 BV 77/15 - wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die generelle Mitbestimmungspflichtigkeit der Einstellung einer stellvertretenden Filialleitung.
Die Antragsgegnerin betreibt bundesweit ca. 69 Filialen mit insgesamtca. 1800 Mitarbeitern, in denen sie Kinderspielzeug an den Endverbraucher vertreibt. Sitz der Hauptverwaltung der Antragsgegnerin ist K .
Antragsteller ist der für den Betrieb der Antragsgegnerin in W bei A errichtete dreiköpfige Betriebsrat. In die Filiale W werden regelmäßig ca. 24 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Öffnungszeiten der Filiale der Antragsgegnerin in W betragen regelmäßig Montag bis Freitag 08:00 bis 20:00 Uhr. Hinzu kommen gelegentliche Sonntagsöffnungen sowie Warenanlieferungen vor der regulären Öffnungszeit, bei der auch Mitarbeiter anwesend sein müssen.
Die Antragsgegnerin bestellt für die Filiale in W wie auch für ihre anderen Filialen regelmäßig einen Filialleiter sowie einen stellvertretenden Filialleiter. Diese ordnet sie regelmäßig als leitende Angestellte im Sinne des§ 5 Abs. 3 BetrVG ein. Ob diese Einordnung zutreffend ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Die Antragsgegnerin stellte zum 01.06.2015 Frau L S T als stellvertretende Filialleiterin für den Betrieb in W zu einer Bruttomonatsvergütung von 2.600.- Euro ein, wobei die Mitarbeiterin aus einer anderen Filiale nach Würselen versetzt wurde. Eine Beteiligung des antragstellenden Betriebsrats erfolgte nicht, weder im Verfahren nach § 99 BetrVG noch im Rahmen einer Mitteilung nach § 105 BetrVG, wobei die Beteiligte zu 2.) und Antragsgegnerin die unterbliebene Mitteilung nach § 105 BetrVG im Kammertermin vor dem LAG ausdrücklich als Versehen bezeichnet hat und die diesbezügliche Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht in Abrede stellt, wohl aber demgegenüber etwaige Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bestreitet.
Die Arbeitgeberin vertrat hierzu die Auffassung, Frau L S T sei in ihrer Tätigkeit als stellvertretende Filialleitung leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG und der Betriebsrat sei deshalb nicht nach § 99 BetrVG zu beteiligen.
Mit seiner am 28.10.2015 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangenen Antragsschrift hat der Betriebsrat zunächst die Aufhebung der Einstellung von Frau L S T beantragt. Kammertermin wurde auf den 28.01.2016 bestimmt. Kurz vor dem Kammertermin hat die Antragsgegnerin nach erfolgter Klageerwiderung vom 21.12.2015 mit weiterem Schriftsatz vom 12.01.2016 mitgeteilt, dass sich das vorliegende Beschlussverfahren erledigt habe, da die Antragsgegnerin beschlossen habe, Frau L S T künftig nicht mehr als stellvertretende Filialleiterin in W zu beschäftigen, sondern zum 01.02.2016 als Assistentin der Geschäftsführung in die Hauptverwaltung in K zu versetzen. Eine Zuständigkeit des antragstellenden Betriebsrats sei für die neue Tätigkeit der Frau L S T in K nicht mehr gegeben.
Der antragstellende Betriebsrat hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen, sondern mit Schriftsatz vom 18.01.2016 eine Antragsänderung vorgenommen und nunmehr die generelle Feststellung begehrt, dass die Einstellung einer stellvertretenden Filialleitung in der Filiale W mitbestimmungspflichtig nach § 99 BetrVG sei.
Der antragstellende Betriebsrat hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ein stellvertretender Filialleiter bei der Antragsgegnerin könne generell kein leitender Angestellter sein. So käme schon dem Filialleiter keine entsprechende Einordnung als leitender Angestellter zu, erst recht nicht seinem Stellvertreter.
Wesentliche Personalentscheidungen würden durch die Personalabteilung in K getroffen und nicht durch die Marktleitung in der Filiale vor Ort. Zentraler Ansprechpartner für den Betriebsrat sei im Wesentlichen auch der für ca. zehn Filialen zuständige Verkaufsleiter, welcher wiederum dem Marktleiter übergeordnet sei. Es käme a...