Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch des Rechtsanwalts auf eine 15/10 Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs besteht gem. § 23 Abs. 1 BRAGebO nur dann, wenn über den Gegenstand des Vergleichs kein gerichtliches Verfahren anhängig ist.

Ein gerichtliches Verfahren ist auch dann anhängig, wenn für den Gegenstand des Vergleichs Prozeßkostenhilfe beantragt und gewährt wird.

 

Normenkette

BRAGO § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 11.08.1995; Aktenzeichen 5 Ca 561/95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.08.1995 – 5 Ca 561/95 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien haben um die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten fristgerecht ausgesprochenen Kündigung vom 31.01.1995 gestritten. Auf Antrag vom 20.02.1995 wurde der Klägerin durch Beschluß vom 19.04.1995 für die Feststellungsklage Prozeßkostenhilfe bewilligt.

Am 29.05.1995 wurde der Rechtsstreit durch einen gerichtlichen Vergleich erledigt. In dem Vergleich wurden auch Vereinbarungen über die von der Klägerin bewohnte Werkswohnung getroffen. Auf Antrag der Prozeßbevollmächtigten wurde der Streitwert für das Verfahren auf drei Monatseinkommen = 6.000,00 DM und für den Vergleich mit Rücksicht auf den Mehrwert auf 12.000,00 DM festgesetzt. Durch Beschluß vom 29.05.1995 wurde der Klägerin auch für den Abschluß des Vergleichs vom 29.05.1995 Prozeßkostenhilfe bewilligt.

Gemäß Antrag vom 09.06.1995 beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin Gebühren und Auslagen in Höhe von 1.710,63 DM festzusetzen, wobei unter Ziffer 7 des Antrags auf der Basis eines Wertes von 6.000,00 DM eine zusätzliche 15/10 Vergleichsgebühr gemäß §§ 23 Abs. 2, 3, 13 Abs. 3 BRAGO von 292,50 DM geltend gemacht wurde.

Das Arbeitsgericht lehnte eine Festsetzung der Vergleichsgebühr auf der Basis einer 15/10 Gebühr ab und setzte für den Mehrvergleich, berechnet nach einem Streitwert von 12.000,00 DM, eine Vergleichsgebühr von 445,00 DM fest. Hiergegen erhob der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin Erinnerung, die durch Beschluß des Arbeitsgerichts vom 11.08.1995 zurückgewiesen wurde. Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen, sondern sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Beschwerdeführer vertritt weiterhin die Auffassung, daß hinsichtlich der mitvergleichenen und nicht rechtshängig gemachten Ansprüche der Ansatz einer 15/10 Gebühr nach einem Mehrwert von 6.000,00 DM in Betracht komme.

Im übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 128 Abs. 4 BRAGO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Der Ansatz einer 15/10 Vergleichsgebühr nach einem Streitwert von 6.000,00 DM ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gerechtfertigt.

Durch das am 01.07.1994 in Kraft getretene Kostenrechtsänderungsgesetz von 1994 ist § 23 Abs. 1 BRAGO neu gefaßt worden. Gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO (n.F.) erhält der Anwalt jetzt für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs eine 15/10 Gebühr. § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO schränkt dies aber wiederum für die Fälle ein, in denen über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Ist über den Gegenstand, über den sich die Parteien vergleichen, ein gerichtliches Verfahren anhängig, so erhält der Rechtsanwalt die Vergleichsgebühr nur in Höhe von 10/10. Ein gerichtliches Verfahren ist auch dann anhängig, wenn über den Gegenstand des Vergleichs ein Prozeßkostenhilfe-Verfahren anhängig ist. Das ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 3 letzter Halbsatz BRAGO (vgl. auch Enders Juristisches Büro 1/1995, Seite 3 und Otto Juristisches Büro 1994, Seite 395).

Im vorliegenden Fall ist – da Prozeßkostenhilfe nur auf Antrag gewährt wird – davon auszugehen, daß das Arbeitsgericht den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag vom 20.02.1995 auch als Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für den Abschluß des Vergleichs vom 29.05.1995 angesehen hat. Anderenfalls wäre insoweit keine Prozeßkostenhilfe gewährt worden. Damit war im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses ein Verfahren über die Prozeßkostenhilfe anhängig mit der Folge, daß die Vergleichsgebühr nur in Höhe einer vollen Gebühr in Ansatz zu bringen ist.

Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

 

Unterschriften

Dr. Blens-Vandieken

 

Fundstellen

Haufe-Index 1063885

Rpfleger 1996, 262

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