Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung eines Kündigungsschutzverfahrens im Hinblick auf weitere rechtshängige Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Das Gesetz stellt die Aussetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts. Eine Aussetzung muss nur dann erfolgen, wenn sich das Ermessen des Gerichts auf null reduziert hat. Gegenüber dem vorrangigen Zweck einer Aussetzung - einander widersprechende Entscheidungen zu verhindern - sind insbesondere die Nachteile einer langen Verfahrensdauer und die dabei entstehenden Folgen für die Parteien abzuwägen. Dabei ist der Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGG ebenso zu berücksichtigen wie die Vorschriften zum Schutz vor überlanger Verfahrensdauer, § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, § 198 ff. GVG (Anschluss an BAG, Beschluss vom 16. April 2014 - 10 AZB 6/14 -, Rn. 5, [...]).

Eine Aussetzung gem. § 148 ZPO setzt voraus, dass der Ausgang des Rechtsstreits "ganz oder teilweise" vom Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet. Das bedeutet, dass es nicht erforderlich ist, dass der Ausgang des Rechtsstreits bezüglich sämtlicher Streitgegenstände vom Bestehen oder Nichtbestehen eines solchen Rechtsverhältnisses abhängig ist.

Das Beschwerdegericht hat bei der Überprüfung eines Aussetzungsbeschlusses lediglich zu prüfen, ob das Arbeitsgericht den Ermessensspielraum überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechender Weise Gebrauch gemacht hat. Bei der Ermessensausübung sind unter anderem die Gesichtspunkte der Prozesswirtschaftlichkeit, der Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen und der Beschleunigungsgrundsatz zu berücksichtigen, der in arbeitsrechtlichen Bestandsstreitigkeiten besonders in den Vordergrund tritt (LAG Köln, Beschluss vom 24. September 2013 - 11 Ta 146/13 -, Rn. 8, [...]).

 

Normenkette

ZPO §§ 148, 252

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 17.03.2017; Aktenzeichen 2 Ca 4570/16)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 17.03.2017- 2 Ca 4570/16 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten in der Hauptsache über die Wirksamkeit verschiedener fristloser, hilfsweise fristgerechter Kündigungen, über ein Weiterbeschäftigungsbegehren des Klägers, über Bonus- bzw. Bonusabschlagsansprüche des Klägers für die Geschäftsjahre 2014, 2015 und 2016 sowie über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger korrigierte Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Monate März und April 2016 zu erteilen und die sich ergebenden Nettobeträge an den Kläger auszukehren. Ferner streiten die Parteien noch über eine Hilfswiderklage der Beklagten.

Der Kläger ist seit dem 01.10.2001 als Fabrikleiter im Betrieb der Beklagten angestellt. In diesem Betrieb sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte sprach gegenüber dem Kläger eine fristgerechte sowie drei fristlose Kündigungen aus. Gegen diese Kündigungen wandte der Kläger sich vor dem Arbeitsgericht Köln mit einer dort unter dem Aktenzeichen 2 Ca 5757/15 geführten Kündigungsschutzklage.

Unter dem 08.06.2016 sprach die Beklagte eine weitere fristlose - hilfsweise fristgerechte - Kündigung gegenüber dem Kläger aus. Gegen diese wendet sich der Kläger mit der vorliegenden, am 23.06.2016 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage, die der Beklagten am 08.07.2016 zugestellt worden ist und mit welcher der Kläger zugleich einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend macht.

In dem zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit 2 Ca 5757/15 stellte das Arbeitsgericht Köln durch Urteil vom 15.06.2016 fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen, die Gegenstand jenes Rechtsstreits waren, nicht aufgelöst worden ist. Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Diese wird beim Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 11 Sa 630/16 geführt. Termin zur mündlichen Verhandlung ist auf den 18.10.2017 anberaumt.

Mit einem am 12.10.2016 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger die vorliegende Klage um Zahlungsansprüche (Bonusansprüche für die Geschäftsjahre 2014 und 2015) und einen weiteren, u.a. auf Korrektur seiner Gehaltsabrechnungen für März und April 2016 gerichteten Klageantrag erweitert. Nachdem das Arbeitsgericht einen am 12.08.2016 auf den 19.10.2016 anberaumten Kammertermin auf Antrag der Beklagten auf den 26.10.2016 verlegt hatte, hat diese am 26.10.2016 eine neuerliche Verlegung des Kammertermins beantragt, die sie mit einer Erkrankung ihres Prozessbevollmächtigten sowie damit begründet hat, dass eine Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt der Kanzlei derart kurzfristig nicht möglich sei. Das Arbeitsgericht Köln hat daraufhin einen neuen Kammertermin auf den 08.02.2017 anberaumt. Nachdem die Beklagte unter dem 02.11.2016 eine weitere fristlose und hilfsweise fristgerechte Kündigung gegenüber dem Kläger ausgesprochen hatte, hat dieser seine Klage mit einem am 16.11.2016 bei dem Arbeitsgericht Kö...

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