Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber auf Freistellung von Anwaltskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG setzt voraus, dass der Betriebsrat von seinen Rechtsanwälten in Anspruch genommen wird. Dies ist nicht der Fall, wenn die Rechtsanwälte ihre Kosten dem Arbeitgeber unmittelbar in Rechnung gestellt haben.
2. Ungeachtet dessen hat der Arbeitgeber nur diejenigen Kosten einer anwaltlichen Tätigkeit zu tragen, die auf einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss zurückgehen. Ein solcher setzt voraus, dass der Betriebsrat sich als Gremium mit dem entsprechenden Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt hat.
3. Bestreitet der Arbeitgeber das Vorliegen ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschlüsse, so hat der Betriebsrat darzulegen, dass Betriebs verfassungsgemäße Beschlussverfassungen erfolgt sind, insbesondere also, dass die Sitzungen ordnungsgemäß einberufen wurden, der Betriebsrat beschlussfähig war und entsprechende Beschlüsse mit der notwendigen Mehrheit gefasst wurden.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 07.09.2017; Aktenzeichen 5 BV 89/17) |
Tenor
Gründe
I.
Der Antragsteller ist der für den K Gemeinschaftsbetrieb der Arbeitgeberinnen gewählte elfköpfige Betriebsrat. Die Beteiligten streiten um Rechtsanwaltskosten, die durch die Vertretung des Antragstellers in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entstanden sind und die seine Bevollmächtigten der Beteiligten zu 2 in Rechnung gestellt hatte.
Der Betriebsrat hat in dem von ihm am 06.04.2017 bei dem Arbeitsgericht Köln eingeleiteten Beschlussverfahren behauptet, den Beauftragungen seiner Verfahrensbevollmächtigten hätten jeweils ordnungsgemäße Beschlüsse zu Grunde gelegen. Die Rechnungsstellung habe der mit den Arbeitgeberinnen abgesprochenen und in einer Vielzahl von Verfahren praktizierten Handhabung entsprochen.
Zu den Forderungen im Einzelnen:
Rechnungsnummern 1700059 und 1700238:
Aktenzeichen des Beschlussverfahrens |
Gegenstand des Verfahrens |
Antragsteller bzw. Beschwerdeführer |
Rechnungsnummer/Rechnungsbetrag |
ArbG Köln 19 BV 499/16 |
Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit / Einführung von Gleitzeit" |
Arbeitgeber |
1700059/773,50 EUR |
LAG Köln 9 TaBV 11/17 |
Beschwerdeverfahren zum Beschlussverfahren ArbG Köln 19 BV 499/16 |
Betriebsrat |
1700238/863,46 EUR |
Die Arbeitgeberinnen haben die Zahlung der Rechnung verweigert und vorgetragen, der Betriebsrat habe die Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zum Thema "Gleitzeit" im Oktober 2016 grundlos eingestellt. Ihren Vorschlag, eine Einigungsstelle einzusetzen, habe der Betriebsrat mit einer E-Mail vom 07.12.2016 abgelehnt. Daraufhin seien sie gezwungen gewesen, ein Verfahren nach § 100 ArbGG einzuleiten.
Der Betriebsrat hat entgegnet, die Verhandlungen wegen der mangelhaften Verhandlungsführung der Arbeitgeberinnen abgebrochen zu haben. Die nicht verhandlungsbereiten Arbeitgeberinnen hätten eine Lösung nicht vorangetrieben und ihm die notwendigen Informationen nicht zur Verfügung gestellt. Aufgrund der vorangegangenen Streitigkeiten habe er sich nicht auf die Einrichtung einer Einigungsstelle einlassen wollen. Da die Arbeitgeberinnen das Verfahren nach § 100 ArbGG eingeleitet hätten, sei es erforderlich gewesen, sich eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten zu bedienen. Dies sei schon nach dem Grundsatz der Waffengleichheit geboten gewesen. Ausweislich des Protokolls der Betriebsratssitzung vom 05.01.2017 sei die Tagesordnung der Betriebsratssitzung einstimmig u. a. um einen "Beschluss zum Thema Gleitzeit" erweitert worden. Er, der Betriebsrat habe dann beschlossen "M M. damit zu beauftragen, den Gerichtstermin wahrzunehmen".
Rechnungsnummer 1700388:
Aktenzeichen |
Gegenstand des Verfahrens |
Antragsteller Beschwerdeführer |
Rechnungsnummer/Rechnungsbetrag |
ArbG Köln 7 BV 320/16 |
Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Schichtpläne 1. Quartal 2017" |
Arbeitgeber |
1700388/1.229,51 EUR |
LAG Köln 9 TaBV 76/16 |
Beschwerdeverfahren |
Betriebsrat |
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Die Arbeitgeberinnen haben vorgetragen, der Betriebsrat habe vorgerichtliche Verhandlungen kategorisch abgelehnt, um sie zur Einleitung eines kostenverursachenden Verfahrens nach § 100 ArbGG auf Einsetzung einer Einigungsstelle zu zwingen. Auf ihre im September 2016 beim Betriebsrat eingereichten Schichtpläne sei überhaupt keine Reaktion erfolgt. So sei sie gezwungen gewesen, am 18.10.2016 ein Verfahren nach § 100 ArbGG einzuleiten. In dem erstinstanzlichen Verfahren habe der Betriebsrat vorgetragen, dass er nicht mehr bereit dazu bereit sei, freiwillig in einer Einigungsstelle zu Schichtplänen einzutreten. Nach Einsetzung der Einigungss...