Entscheidungsstichwort (Thema)
nachträgliche Zulassung. Kündigungsschutzklage. Verschulden. Büropersonal. Prozeßbevollmächtigter. Zahlendreher
Leitsatz (amtlich)
Beruht der verspätete Eingang einer Kündigungsschutzklage auf einem dem Büropersonal des klägerischen Prozeßbevollmächtigten zuzurechnenden Versehen („Zahlendreher” bei der Postleitzahl), so ist mangels Verschuldens der Partei oder ihres Prozeßbevollmächtigten die Klage nachträglich zuzulassen.
Normenkette
KSchG § 5; ZPO § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 10.01.1997; Aktenzeichen 2/11 Ca 3087/96) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.1997 – 2/11 Ca 3087/96 – geändert.
Die Kündigungsschutzklage des Klägers wird nachträglich zugelassen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 35.000,– DM.
Tatbestand
I. Der Kläger, der seit dem 01.10.1975 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, als Niederlassungsleiter beschäftigt ist und zuletzt eine Bruttovergütung von 35.000,– DM vierteljährlich erhielt, hat gegenüber einer am 11.03.1996 zugegangenen ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 8. März 1996 Kündigungsschutzklage erhoben. Die Klage vom 28. März 1996 ist beim Arbeitsgericht am 3. April 1996 eingegangen und der Beklagten am 3. Mai 1996 zugestellt worden. Die Klage ist adressiert an das Arbeitsgericht Köln, Pohligstraße 9 in „50696 Köln”, die zutreffende Postleitzahl lautet „50969 Köln”. Der Vorsitzende des Arbeitsgerichts wies erstmals in der Güteverhandlung vom 05.08.1996 darauf hin, daß ausweislich des Eingangsstempels die Kündigungsschutzklage am 03.04.1996 bei Gericht eingegangen ist, von der Beklagten wurde die Nichteinhaltung der Klagefrist des § 4 KSchG gerügt. Der Kläger beantragte daraufhin mit einem am 16. August 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz, die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, der mit der Klageerhebung beauftragte Prozeßbevollmächtigte des Klägers erster Instanz habe die Kündigungsschutzklage spätestens am 29. März 1996 unterzeichnet, an diesem Tag sei die Kündigungsschutzklage ebenso wie die Deckungsanfrage für die Rechtsschutzversicherung und das Übersendungsschreiben an den Mandanten in den Briefkasten der Deutschen Post vor der Leerungszeit zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr eingeworfen worden. Dieser Sachverhalt ist sowohl vom Prozeßbevollmächtigten des Klägers wie von der mit der Versendung beauftragten Rechtsanwaltsgehilfin D eidesstattlich versichert worden. Die Prozeßbevollmächtigten des Klägers reichten ferner zur Begründung des Antrags auf nachträgliche Zulassung am 26. September 1996 eine Bestätigung der Deutschen Post AG ein, wonach mitgeteilt wurde, daß eine Briefsendung, die vor der letzten Tagesleerung in einen Briefkasten eingeworfen wurde, am folgenden Werktag zur Zustellung vorliegt. Das Arbeitsgericht hat durch den angefochtenen Beschluß am 10.01.1997 den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen, nachdem die Klägerseite in der Verhandlung vom 10.01.1997 darauf hingewiesen wurde, daß die Klageschrift unter der falschen Postleitzahl „50696” an das Arbeitsgericht Köln adressiert worden ist. In dem Beschluß führt das Arbeitsgericht zur Begründung aus, der Antrag sei bereits unzulässig, weil der Kläger bzw. sein Prozeßbevollmächtigter die falsche Adressierung der Klageschrift zu vertreten habe, im Hinblick auf die Falschadressierung sei daher die Unkenntnis von der Verspätung der Klageschrift nicht unverschuldet, vielmehr habe der Kläger bzw. sein Prozeßbevollmächtigter unmittelbar nach dem 01.04.1996 Nachfrage bei Gericht halten müssen, ob und wann die Klageschrift eingegangen war. Damit habe der Kläger bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt die Verspätung der Klage schon vor dem 16.08.1996 erkennen können.
Gegen den dem Klägervertreter am 26.02.1997 zugestellten Beschluß des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 12. März 1997 schriftlich Beschwerde eingelegt und diese am 3. April 1997 schriftlich begründet. Er hat u.a. vorgetragen, der Prozeßbevollmächtigte des Klägers oder der Kläger selbst habe keine Kenntnis von dem „Zahlendreher” in der Postleitzahl gehabt, hierauf sei er erstmals vom Gericht in der Verhandlung vom 10.01.1997 hingewiesen worden. Der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers habe aber auch keine Veranlassung gehabt, sich beim Arbeitsgericht nach dem rechtzeitigen Eingang der Kündigungsschutzklage zu erkundigen, der „Zahlendreher” in der Postleitzahl beruhe auf keinem schuldhaften Verhalten des Prozeßbevollmächtigten. Das mit der Adressierung der Post beauftragte Büropersonal – insbesondere die Rechtsanwaltsfachangestellte G (früher D) – sei sorgfältig und umfangreich eingearbeitet worden und habe sich insbesondere bei der Behandlung von Fristsachen als äußerst zuverlässig erwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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