Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage. nachträgliche Zulassung. Postbeförderungszeit. Erkundigungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anwalt darf sich darauf verlassen, dass eine am fünften Tag vor Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG in Bad Münstereifel zur Post gegebene Kündigungsschutzklage spätestens am Tage des Fristablaufs beim Arbeitsgericht in Köln eingeht.
2. Eine Pflicht, sich bei Gericht nach dem rechtzeitigen Eingang der Klageschrift zu erkundigen, ist nur anzunehmen, wenn die Klage so knapp vor Fristablauf abgesandt wird, dass der rechtzeitige Eingang nicht mehr ohne weiteres unterstellt werden kann oder wenn aus anderen Gründen konkrete Zweifel am rechtzeitigen Eingang der Klage angebracht sind.
3. Geht eine rechtzeitig abgesandte Kündigungsschutzklage gleichwohl verspätet beim Arbeitsgericht ein, so ist das „Hindernis” i.S.v. § 5 III 1 KSchG spätestens dann behoben, wenn das Arbeitsgericht dem Anwalt zusammen mit der Ladung zum Gerichtstermin den Zeitpunkt des Eingangs der Klage bei Gericht mitteilt. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsgericht dabei nicht besonders darauf hinweist, dass die Klage gemäß §§ 4, 5 KSchG verspätet ist.
Normenkette
KSchG §§ 4-5; ZPO §§ 85, 234
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 01.10.2004; Aktenzeichen 18 Ca 5337/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hin werden der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 01.10.2004 über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage und der Nichtabhilfebeschluss vom 07.01.2005 aufgehoben:
Der Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Tatbestand
I. Der am 17.02.1977 geborene Kläger war seit dem 01.02.2003 bei der Beklagten als Projektleiter beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.04.2004, dem Kläger zugegangen am 27.04.2004, fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen zum 31.05.2004. Auf die Kündigung sind unstreitig die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes anwendbar. Mit Anwaltsschriftsatz vom 14.05.2004 ließ der Kläger Kündigungsschutzklage erheben. Ausweislich des Poststempels wurde die Kündigungsschutzklage am Freitag, dem 14.05.2004 zur Post gegeben. Die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG lief am Dienstag, den 18.05.2004 ab. Die Kündigungsschutzklage ging erst eine Woche nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist, nämlich am Dienstag, den 25.05.2004 beim Arbeitsgericht Köln ein.
Am 04.06.2004 ging dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers die Ladung zum Gütetermin zu. Ihr waren ein Beschluss über die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien zum Gütetermin sowie ein weiterer Beschluss über eine der beklagten Partei gesetzte Stellungnahmefrist beigefügt. Die Ladung zum Gütetermin enthielt die Mitteilung, dass die Klageschrift vom 14.05.2004 am 25.05.2004 beim Gericht eingegangen sei.
In seiner Klageerwiderung, die dem Klägervertreter am 25.06.2004 zuging, griff der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Datum des Eingangs der Klage bei Gericht auf und wies darauf hin, dass damit die Klagefrist des § 4 KSchG nicht eingehalten worden sein dürfte. Daraufhin übergab der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dem am 30.06.2004 stattfindenden Gütetermin seinen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage. Diesem Antrag waren eidesstattliche Versicherungen der Büroangestellten T und W sowie des Prozessbevollmächtigten selbst beigefügt. In seiner eigenen eidesstattlichen Versicherung vom 30.06.2004 führt der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, dass er vom verspäteten Eingang der Klage erst beim Lesen des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 25.06.2004 Kenntnis erlangt habe. Zwar sei auf der Ladung zum Gütetermin das Eingangsdatum der Klage mit dem 25.05.2004 angegeben gewesen, ihm, dem Prozessbevollmächtigten sei hierdurch jedoch nicht bewusst geworden, dass die Klage verspätet beim Arbeitsgericht eingegangen sei. In erster Linie begründete der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung damit, dass die Klage am 14.05.2004 so rechtzeitig auf den Postweg gegeben worden sei, dass bei üblichen Postlaufzeiten in jedem Fall mit einem rechtzeitigen Eingang bei Gericht bis spätestens 18.05.2004 habe gerechnet werden können.
Mit Beschluss des Vorsitzenden der 18. Kammer des Arbeitsgerichts Köln vom 01.10.2004 ließ das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage nachträglich zu. Ohne auf die Zulässigkeit des Zulassungsantrags einzugehen, führte das Arbeitsgericht aus, dass der Klägervertreter sich darauf habe verlassen dürfen, dass seine am 14.05.2004 bei der Post eingelieferte Klageschrift spätestens am Dienstag, dem 18.05.2004 das Arbeitsgericht erreichen würde.
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 19.10.2004 zugestellten Beschluss legte die Beklagte am 02.11.2004 sofortige Beschwerde ein. Diese begründete die Beklagte in erster Linie damit, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vorzuwerfen ...