Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Vergleichsmehrwert. Sozialplanabfindung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Sozialplanabfindung kann streitwertrelevant sein und auch einen Vergleichsmehrwert begründen.

Voraussetzung dafür ist, dass über die Sozialplanabfindung gerichtlich oder zumindest außergerichtlich gestritten wurde oder sich der Arbeitgeber mit der Erfüllung des Abfindungsanspruchs bei Vergleichsabschluss in Verzug befunden hat (ebenso Landesarbeitsgericht Rheinland Pfalz, Beschluss vom 19.10.2004 – 9 Ta 208/04 –; Landesarbeitsgericht Rheinland Pfalz, Beschluss vom 21.01.2005 – 9 Ta 247/04 –; Landesarbeitsgericht Rheinland Pfalz, Beschluss vom 09.10.2007 – 1 Ta 219/07 –).

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 22.01.2007; Aktenzeichen 19 Ca 8403/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde vom 25.01.2007 wird unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 22.01.2007 – 19 Ca 8403/06 – teilweise abgeändert und hierzu insgesamt zur Klarstellungsgründen neu gefasst:

Der Gegenstandswert gemäß § 33 RVG in Verbindung mit § 23 RVG, § 42 Abs. 4 GKG, §§ 3 ff. ZPO wird

für das Verfahren auf 22.500,00 EUR und

für den Vergleich auf insgesamt 65.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des Rechtsstreits war die Kündigungsschutzklage des Klägers vom 11.10.2006 gegen die betriebsbedingte Kündigung vom 28.09.2006 der Beklagten.

Die Kündigung stand im Zusammenhang mit dem Interessenausgleich und Sozialplan für die X GmbH, S, 5 K.

Die Parteien haben den Rechtsstreit beendet durch einen zwischen den Prozessbevollmächtigten vereinbarten Vergleich, der auf Antrag der Parteien gerichtlich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt worden ist.

Der Vergleich sieht die Beendigung durch die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten zum vorgesehenen Termin 31.12.2006 vor, regelt die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger ein qualifiziertes und wohlwollendes Zeugnis mit der Gesamtnote „sehr gut” zu erstellen und zu übersenden und legt die Verpflichtung zur Zahlung eines Abfindungsbetrages für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 68.146,78 EUR brutto fest.

Das Arbeitsgericht hat ausgehend von einem vom Kläger mitgeteilten Jahresverdienst von 90.000,00 EUR den Gegenstandswert für das Verfahren auf 22.500,00 EUR und für den Vergleich unter Berücksichtung des Mehrwerts des Vergleichs nach Maßgabe der Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit der Note „sehr gut” auf insgesamt 30.000,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde, die geltend macht, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht den ausgehandelten Vergleich für den Mehrvergleich nicht ausreichend streitwerterhöhend berücksichtigt habe.

Die sofortige Beschwerde macht hierzu geltend, dass nach der Berechnung des Klägers sich eine geschuldete Sozialplanabfindung auf 76.000,00 EUR habe sich belaufen müssen.

Dem gegenüber habe die Beklagte lediglich zunächst eine Sozialplanabfindung zugunsten des Klägers in Höhe von 41.000,00 EUR als geschuldet anzusehen.

Das Vergleichsangebot der Beklagten von zuletzt 68.146,78 EUR habe der Kläger schlussendlich im Hinblick darauf akzeptiert, dass die Beklagte bereit gewesen sei, dem Kläger im Vergleichswege das Zeugnis mit der Gesamtnote „sehr gut” zu erteilen.

Damit sei für den Vergleichmehrwert eine Sozialplanabfindung in Höhe von 76000,00 EUR zu berücksichtigen und der Streitwert insoweit für den Vergleich auf insgesamt 106000,00 EUR festzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Der Kläger hat gegen den Streitwertbeschluss erster Instanz, der dem Kläger am 25.01.2007 zugestellt worden ist, fristwahrend mit Schriftsatz vom 25.01.2007, beim Arbeitsgericht eingegangen am 26.01.2007, Beschwerde eingelegt und seine Beschwerde ordnungsgemäß begründet.

2. Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Dem Standpunkt des Arbeitsgerichts, die Berücksichtigung der ausgehandelten Sozialplanabfindung im Rahmen eines Mehrwerts für den abgeschlossenen Vergleich scheide bereits gemäß § 42 Abs. 4 GKG aus, ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen.

Zwar bestimmt § 42 Abs. 4 S. 1 GKG:

„Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeit vor den Arbeitsgerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen und die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet.”

Ein § 42 Abs. 4 S. 1 GKG unterfallender Streitfall liegt der vorliegend anstehenden Streitwertfestsetzung allerdings nicht zugrunde.

§ 42 Abs. 4 S. 1 GKG ist unmittelbar anzuwenden auf Kündigungsschutzprozesse, in denen es zur Erledigung des Rechtsstreits zu einem Abfindungsvergleich kommt. Eine derartige Fallkonstellation, die der abgeschlossene Vergleich zum Inhalt hat, liegt allerdings im Rechtsstreit nicht vor. Die nach Vergleich an den Kläger zu erbringende Abfindung ist nämlich keine solche analog §§ 9, 10 KSchG, sondern eine Sozialplanabfindung...

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