Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines Zustimmungsersetzungsverfahrens zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers im Gemeinschaftsbetrieb
Leitsatz (amtlich)
1. Im Gemeinschaftsbetrieb ist allein der Vertragsarbeitgeber befugt, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG einzuleiten. Eine Mitantragstellung durch die anderen am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen sieht das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht vor.
2. Mit Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung durch den Betriebsrat wegen eines neuen Vorwurfs erledigt sich ein bereits anhängiges Zustimmungsersetzungsverfahren auch dann, wenn der Vertragsarbeitgeber die Kündigungsgründe, wegen derer die Zustimmung zuvor nicht erteilt worden war, in den nachfolgenden Kündigungsschutzprozess einführen will. Für eine Fortführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens fehlt es in diesem Fall an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
Normenkette
BetrVG § 103 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 29.09.2017; Aktenzeichen 1 BV 1/17) |
Tenor
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 29.09.2017 - 1 BV 1/17 - wird mit der Maßgabe, dass der Zustimmungsersetzungsantrag nunmehr unzulässig ist, zurückgewiesen.
II.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds.
Die Antragstellerin unterhält mit zwei weiteren Unternehmen am Flughafen K einen Gemeinschaftsbetrieb. Sie ist Vertragsarbeitgeberin des Beteiligten zu 3, der Mitglied des für den Gemeinschaftsbetrieb gebildeten Betriebsrats ist.
Mit einem sog. Inter-Office-Memorandum vom 27.12.2016 beantragte die Antragstellerin beim Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3, hilfsweise zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist bis zum 30.04.2017. Sie begründete den Antrag damit, dass der Beteiligte zu 3 unentschuldigt gefehlt und sich eigenmächtig beurlaubt habe. Mit Schreiben vom 29.12.2016 teilte der Betriebsrat der Antragstellerin mit, dass er der Kündigung nicht zustimme.
Mit ihrem am 02.01.2017 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereichten Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3.
Mit Schreiben vom 19.05.2017 bat die Antragstellerin den Betriebsrat erneut um die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3., hilfsweise zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist bis zum 31.10.2017 und begründete dies damit, dass der Beteiligte zu 3 in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln als Zeuge bei seiner Vernehmung im Termin am 23.03.2017 falsch ausgesagt und zu ihrem Nachteil einen (versuchten) Prozessbetrug begangen habe, zumindest aber dieser Handlungen dringend verdächtig sei. Mit Schreiben vom 23.05.2017 lehnte der Betriebsrat eine Zustimmung zu der Kündigung ab.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung sowie zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist des Beteiligten zu 3 zu ersetzen.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3 haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben die Ansicht vertreten, der Antrag hätte von allen Unternehmen des Gemeinschaftsbetriebs gestellt werden müssen. Sie bestreiten das Vorliegen von Gründen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 29.09.2017 zurückgewiesen und - bei unterstellter Zulässigkeit des Antrags - das Vorliegen eines wichtigen Grundes verneint.
Der Beschluss ist der Arbeitgeberin am 01.11.2017 zugestellt worden. Ihre dagegen gerichtete Beschwerde ist am 08.11.2017 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.
Nachdem der Arbeitnehmer M , der ebenfalls Mitglied des Betriebsrats ist, am 09.11.2017 eine AGG-Beschwerde gegen den Beteiligten zu 3 wegen rassistischer und abschätziger Äußerungen erhoben hatte und nachdem die AGG-Stelle am 15.11.2017 zu dem Ergebnis gekommen war, dass sich der Vorfall so, wie von Herrn M vorgetragen, ereignet habe, bat die Antragstellerin den Betriebsrat mit Schreiben vom 17.11.2017 erneut um die Zustimmung zu einer von ihr beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. Mit Datum vom 20.11.2017 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung zu.
Die Arbeitgeberin sprach daraufhin mit Schreiben vom am 21.11.017 eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3 aus. Gegen diese Kündigung erhob der Beteiligte zu 3 Klage, die beim Arbeitsgericht Köln unter dem Az. 18 Ca 7824/17 anhängig ist.
Nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 02.02.2018 hat die Antragstellerin ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 29.09.2017 mit einem am 02.02.2018...