Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung des Betriebsrats bei Ein- oder Umgruppierungsentscheidungen
Leitsatz (redaktionell)
In einem Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Beschäftigten kann der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Beschäftigten unterlässt, in entspr. Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, ihn bei Ein- oder Umgruppierungsentscheidungen zu beteiligen und ihn um Zustimmung zu ersuchen.
Normenkette
TVöD-VKA § 29b Abs. 1; BetrVG § 99 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 08.08.2019; Aktenzeichen 14 BV 498/18) |
Nachgehend
Tenor
Gründe
I.
Die Arbeitgeberin betreibt den Z G in K . Hauptgesellschafterin ist neben diversen Kleinaktionären die Stadt K , die laut dem Beteiligungsbericht 2017 einen Kapitalanteil sowie einen Stimmanteil von 88,11% hält. Antragsteller ist der bei der Arbeitgeberin gewählte siebenköpfige Betriebsrat.
Auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-VKA) Anwendung, der den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) abgelöst hat. Nach Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung zum TVöD-VKA erfolgte zum 01.01.2017 die Überleitung der Beschäftigten nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom 13.09.2005.
Gemäß § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA erfolgte die Überleitung unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit, ohne dass eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen aufgrund der Überleitung stattfand. Sofern sich nach der Entgeltordnung zum TVöD eine höhere Entgeltgruppe ergibt, sind die Beschäftigten gemäß § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA auf ihren Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach der allgemeinen Eingruppierungsvorschrift des § 12 TVöD-VKA ergibt. Der Antrag konnte gemäß § 29b Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA allerdings nur innerhalb einer Ausschlussfrist bis zum 31.12.2017 gestellt werden.
Im Folgenden stellten die Beschäftigten A , O , N , R und C sowie weitere ca. 30 nicht namentlich benannte Beschäftigte Anträge auf Höhergruppierung gemäß § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA. Die Arbeitgeberin beschied diese Anträge im Juli 2018 abschlägig, ohne zuvor den Betriebsrat beteiligt zu haben. Nachdem der Betriebsrat davon Kenntnis erhalten hatte, forderte er die Arbeitgeberin auf, ihn bei der Beurteilung der Eingruppierungen zu beteiligen und ihm sämtliche Unterlagen zu den durchgeführten Entscheidungen über die Höhergruppierungen zu überlassen. Dies lehnte die Arbeitgeberin ab.
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, die Entscheidung über die Höhergruppierungsanträge unterliege der Mitbestimmung gemäß § 99 Abs. 1Satz 1 BetrVG. Gemäß § 29b TVÜ-VKA erfolge nach einem Antrag auf Höhergruppierung eine vollständige Neubewertung der Tätigkeit unter Berücksichtigung der neuen Tätigkeitsmerkmale des neuen Tarifsystems. Dies stelle eine Neueingruppierung im neuen Vergütungssystem unter Berücksichtigung der neuen Tätigkeitsmerkmale dar.
Der Betriebsrat hat beantragt
- festzustellen, dass die Ablehnung der Höhergruppierungsanträge der Arbeitnehmer A , O , N , R und C und weiterer abgelehnter Antragstellerinnen und Antragsteller gemäß § 29b TVÜ-VKA gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt;
- die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, ihn an den Entscheidungen über die Anträge nach § 29b TVÜ-VKA zu beteiligen;
- die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, ihn bei der Entscheidung über die Anträge der Arbeitnehmer A , O , N , R und C auf Überprüfung der Eingruppierung infolge der Überleitung in den TVÖD-VKA gemäß § 29b TVÜ-VKA nach § 99 BetrVG zu beteiligen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Anträge bereits unzulässig seien. Es fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da sich die Angelegenheit nach der Bescheidung der Individualanträge im Juni 2018 erledigt habe und eine Wiederholungsgefahr aufgrund der sich aus § 29 Abs. 1 S. 2 TVÜ-VKA ergebenden Ausschlussfrist bis zum 31.12.2017 ausgeschlossen sei.
Die Anträge seien überdies unbegründet. Nach § 29a Abs. 1 S. 2 TVÜ-VKA finde eine Überprüfung und Neufeststellung aufgrund der Überleitung in die neue Entgeltordnung grundsätzlich nicht statt. Es fehle mithin an einer neuen Arbeitgeberentscheidung hinsichtlich der Eingruppierung, die einen Mitbestimmungstatbestand im Sinne von § 99 BetrVG auslösen könne. Ein Mitbestimmungsrecht folge auch ...