Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfallen der Terminsgebühr für die Teilnahme an einer Besprechung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil und bei Verweisung des Rechtsstreits nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3, 2 Alt. VV RVG entsteht eine Terminsgebühr u. a. für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.

2. Besprechungen über die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil sind nicht auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet. Sie gehören als Abwicklungstätigkeiten gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG zum Rechtszug der Hauptsache und sind durch die in der Hauptsache angefallenen Gebühren abgegolten.

3. Wird der Rechtsstreit nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil an das Arbeitsgericht wegen sachlicher Unzuständigkeit verwiesen, entsteht die Terminsgebühr für den Bevollmächtigten des säumigen Beklagten mit Wahrnehmung des Einspruchstermins vor dem Arbeitsgericht.

4. Mit dieser Terminsgebühr ist die Tätigkeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG mit abgegolten. Eine Erstattung der Terminsgebühr gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG durch den Kläger scheidet aus, da sie nicht vor den ordentlichen Gerichten entstanden ist.

 

Normenkette

RVG § 19 Abs. 1; VV-RVG Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Alt. 2; VV-RVG Nrn. 3104, 3328

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 05.05.2017; Aktenzeichen 2 Ca 1033/16)

 

Tenor

  1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg - 2 Ca 1033/16 - vom 05.05.2017 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.12.2016 (2 Ca 1033/16) vom Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten für die Anrufung des unzuständigen Gerichts sowie für Reisekosten der Partei zum Termin werden auf € 1.823,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2017 festgesetzt. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten wird zurückgewiesen.

  2. Die weitergehende sofortige Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
  3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger 17 % und der Beklagte 83 % zu tragen.
  4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 1.620,95 festgesetzt.
  5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Festsetzung einer Terminsgebühr und die Erstattung von Reisekosten und Tagegeld.

Im Ausgangsrechtsstreit nahm der Kläger den Beklagten auf Zahlung von € 30.867,35 in Anspruch. Der Beklagte lebt in F-4 V in F .

Das durch den Kläger zunächst angerufene Landgericht Bonn erließ am 07.09.2015 im schriftlichen Verfahren ein Versäumnisurteil, durch das der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des geltend gemachten Betrages verurteilt wurde.

Mit Schriftsatz vom 14.12.2015 bestellten sich für den Beklagten seine jetzigen Prozessbevollmächtigten und legten innerhalb der durch das Landgericht Bonn festgesetzten vierwöchigen Frist Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein. Sie beantragten darüber hinaus, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung einzustellen. Der Kanzleisitz der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist in S .

Mit Beschluss vom 16.12.2015 stellte das Landgericht Bonn die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung einstweilen ein. Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28.12.2015, die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung einzustellen und wiederholte diesen Antrag mit Schriftsätzen vom14.01.2016 und 20.01.2016.

Das Landgericht Bonn entschied über den Antrag nicht (mehr). Mit Schriftsatz vom 29.01.2016 rügte der Beklagte die fehlende sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Bonn und dieses verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 07.03.2016 an das Arbeitsgericht Siegburg.

Vor der Verweisung des Ausgangsrechtsstreits an das Arbeitsgericht hatte der Kläger sich bereit erklärt, zunächst keine Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Der Vorsitzende Richter am Landgericht Bonn hatte zu dieser Frage zwischen den Parteien via Email und telefonisch vermittelt. Am 03.02.2016 telefonierten die Bevollmächtigten der Parteien zu dieser Frage auch miteinander.

Am 14.12.2016 fand am Arbeitsgericht Siegburg ein Gütetermin mit anschließendem Kammertermin statt. Das persönliche Erscheinen der Parteien war nicht angeordnet. Mit Urteil vom 14.12.2016 hob das Arbeitsgericht Siegburg das Versäumnisurteil des Landgerichts Bonn vom 07.09.2015 auf, wies die Klage ab und erlegte dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auf. Das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg ist rechtskräftig.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 26.01.2017 beantragte der Beklagte die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG, einer 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG, einer Aktenversendungspauschale, einer Post- und Ko...

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