Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Nachfrist. Instanzende. Nachholung der vollständigen Erklärung nach Instanzende

 

Leitsatz (amtlich)

Versäumt der Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren eine vom Arbeitsgericht bei Instanzende gesetzte Nachfrist zur Vorlage einer vollständigen Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, so kommt eine Nachholung mit der sofortigen Beschwerde nicht in Betracht, unabhängig davon, ob ihn an der Nichteinhaltung der Frist ein Verschulden trifft oder ob dadurch eine Verzögerung eingetreten ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 114-115, 188

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 10.12.2012; Aktenzeichen 15 Ca 7350/12)

 

Tenor

  • 1

    Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 10.12.2012- 15 Ca 7350/12 - wird zurückgewiesen.

  • 2

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kündigungsrechtsstreit der Parteien endete durch Prozessvergleich vom 30.10.2012. Dabei wurde der Klägervertreter darauf hingewiesen, dass zum Prozesskostenhilfeantrag bislang keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliege. Das Arbeitsgericht gab ihm Gelegenheit, dies binnen Monatsfrist, also bis zum 30.11.2012, nachzuholen.

Mit Beschluss vom 10.12.2012 lehnte das Arbeitsgericht wegen der Nichtvorlage der Erklärung die von der Klägerin beantragte Prozesskostenhilfe ab.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde vom 13.12.2012, mit der die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wurde. Nach der Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts hat die Klägerin ergänzend vortragen lassen, sie sei psychisch sehr angegriffen gewesen, die finanziellen Verhältnisse seien nach wie vor desolat. Sie sei erst verspätet und auf Druck in der Lage gewesen, die erforderlichen Angaben zu leisten. Es sei auch zulässig, versäumtes Vorbringen mit der Beschwerde gegen den Ablehnungsbeschluss nachzuholen. Der materielle Anspruch könne der Klägerin nicht aus formellen Gründen versagt werden.

II

Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die begehrte Prozesskostenhilfe zu Recht nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO versagt. Nach Beendigung der Instanz kommt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur in Betracht, wenn ein bewilligungsfähiger Prozesskostenhilfeantrag nebst des vollständig ausgefüllten Antragsvordrucks (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO) und der erforderlichen Belege bereits vor Beendigung der Instanz oder jedenfalls innerhalb einer hierzu vom Gericht nachgelassenen Frist vorliegt (vgl. BAG vom 30.12.2003- 2 AZB 19/03 -, [...]). Denn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll es einer Partei ermöglichen, einen Prozess zu führen. Sie dient nicht dazu, einer Partei nachträglich die Mittel aus der Staatskasse zu verschaffen, um die Kosten eines bereits geführten, abgeschlossenen Prozesses zu bestreiten (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 26.11.2012 - 11 Ta 222/12 -, [...]).

Hier hat die Klägerin die ihr vom Arbeitsgericht großzügig gesetzte Nachfrist unstreitig nicht genutzt, um die ihr obliegenden Beibringungspflichten zu erfüllen. Wenn und soweit dem Antragsteller nach Ende der Instanz eine solche gerichtliche Nachfrist gesetzt wird, so muss diese Frist - anders als eine vor dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist - zwingend eingehalten werden (vgl. BAG vom 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -, [...]). Mit einem weiteren Entgegenkommen des Gerichts kann und darf der Antragsteller nicht rechnen, unabhängig davon, ob ihn an der Nichteinhaltung der Frist ein Verschulden trifft oder ob dadurch eine Verzögerung eingetreten ist (vgl. OLG Zweibrücken vom 10.09.2002 - 6 WF 106/02 -, [...]; OLG Hamm vom 20.05.2008 - 7 W 16/08 -, [...]).

Zwar können gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit der sofortigen Beschwerde grundsätzlich neue Tatsachen vorgetragen werden. Jedoch enthält § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO eine spezielle gesetzliche Regelung, die der allgemeinen Bestimmung des § 571 ZPO vorgeht (BAG vom 03.12.2003,a. a. O.) Das Beschwerdegericht kann entgegen der zwingenden Rechtsfolge des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO im Beschwerdeverfahren beigebrachte Unterlagen nur dann ausnahmsweise berücksichtigen, wenn das Hauptsacheverfahren im Zeitpunkt ihrer Vorlage noch nicht abgeschlossen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin zitierten Beschluss des OLG Celle vom 20.12.2012 (4 W 2012/12). Auch darin wird im Einklang mit der dargestellten Rechtsprechung ausgeführt, dass eine Nachholung nicht in Betracht kommt, wenn zum Zeitpunkt des ergänzenden Beschwerdevorbringens oder auch des Eingangs eines neuen Bewilligungsgesuchs die Instanz bereits beendet worden ist.

Wegen der Instanzbeendigung lange vor Ablauf der vom Arbeitsgericht gesetzten Nachfrist musste der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten klar sein, dass der Antrag bei einer Fristversäumung abgelehnt werden würde, ohne dass noch die Möglichkeit einer weiteren Nachholung bes...

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