Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Hinweispflicht. Zustellung einer fristgebundenen Auflage
Leitsatz (amtlich)
1. Erinnert der Antragsteller das Gericht daran, über sein PKH-Gesuch zu entscheiden, so entspricht es nicht dem Gebot der prozessualen Fairness, eine sofortige Entscheidung ohne Angaben von Gründen zu verweigern und sodann erst nach Instanzende auf einen nicht mehr behebbaren Mangel des Gesuchs hinzuweisen, der zur Zurückweisung des Gesuchs führen muss.
2. Eine Aufforderung, die formgerechnete Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2, 3 ZPO) binnen einer bestimmten Frist einzureichen, ist förmlich zuzustellen
Normenkette
ZPO §§ 117, 329 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 07.12.2007; Aktenzeichen 10 Ca 2455/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Dezember 2007 – 10 Ca 2455/07 – aufgehoben.
2. Das Prozesskostenhilfegesuch wird zur erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht Köln zurückverwiesen.
Tatbestand
I. Die Klägerin hat mit der am 29. August 2003 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klageschrift Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Zahlungsklage beantragt.
Im Hauptsacheverfahren haben ein Gütetermin am 7. Oktober 2003 und ein Kammertermin am 8. August 2007 stattgefunden. In dem Kammertermin am 8. August 2007 haben die Parteien einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, wobei sich die Beklagte einen Widerruf des Vergleichs bis zum 17. August 2007 vorbehielt. Sie hat den Vergleich nicht widerrufen.
Nachdem die Klägerin am 6. November 2007 an die Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrags erinnert hatte, hat der damals zuständige Richter ihren Prozessbevollmächtigten aufgefordert, bis zum 24. Oktober 2007 (berichtigt: 24. November 2007, Samstag) die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzureichen. Diese Erklärung ist am 27. November 2007 (Dienstag) beim Arbeitsgericht Köln eingegangen.
Mit Beschluss vom 7. Dezember 2007 hat der zuständige Richter den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei mehr als drei Monate nach Beendigung des Verfahrens eingereicht worden.
Gegen den am 10. Dezember 2007 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 19. Dezember 2007 sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, ihr Prozessbevollmächtigter habe im Kammertermin am 8. August 2007 ausdrücklich auf das Prozesskostenhilfegesuch hingewiesen. Das Gericht habe nur erklärt, es wolle nicht über das Prozesskostenhilfegesuch entscheiden, ohne auf die fehlende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen.
Der Richter beim Arbeitsgericht Köln hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen mit der Begründung, das Beschwerdevorbringen rechtfertige keine Abänderung.
Entscheidungsgründe
II. Die nach § 127 Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht das Prozesskostenhilfegesuch mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin habe erst nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt Belegen eingereicht.
1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur in Frage kommen kann, wenn bereits vor Abschluss der Instanz ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch bei Gericht eingegangen. Dazu gehört neben dem Antrag auch die ordnungsgemäß ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO). Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Instanzende ist aber zum einen möglich, wenn das Gericht zuvor über den Antrag hätte positiv entscheiden können. Zum anderen kann eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch nachträglich erfolgen, wenn der Antrag vor Instanzende mit unvollständigen Angaben und Unterlagen eingereicht worden ist, das Gericht aber eine Frist zur Nachreichung von fehlenden Unterlagen und Belegen zu dem Prozesskostenhilfegesuch gesetzt hat. Eine nach dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist muss allerdings eingehalten werden, anders als eine vor dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist (vgl. BAG, Beschluss vom 3. Dezember 2003 – 2 AZB 19/03 –).
2. Diese Verfahrensweise setzt allerdings voraus, dass das Arbeitsgericht seinerseits das Prozesskostenhilfegesuch ordnungsgemäß behandelt hat. Nach Eingang des Gesuchs darf das Gericht nicht bis zum Instanzende zuwarten und dann den Antrag wegen Unvollständigkeit des Gesuchs und/oder der Unterlagen zurückweisen. Vielmehr hat es den Antragsteller rechtzeitig unter Fristsetzung auf Mängel des Gesuchs hinzuweisen (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 18. März 2003 – 4 Ta 446/02 –). Dies muss erst recht gelten, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Antragsteller vor Instanzende ausdrücklich das Gericht daran erinnert hat, über das PKH-Gesuch zu entscheid...