Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB. Direktionsrecht des Arbeitgebers. Außerordentliche Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers berechtigt ihn nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen, selbst wenn er die der bisherigen Tätigkeit entsprechende höhere Vergütung weiter zahlt.
2. Ein vom Arbeitnehmer gestellter Auflösungsantrag nach § 9 KSchG ist nur begründet, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Zur Begründung der Unzumutbarkeit sind lediglich solche Umstände geeignet, die in einem inneren Zusammenhang mit der vom Arbeitgeber erklärten unwirksamen Kündigung stehen oder im Laufe des Kündigungsschutzprozesses entstanden sind.
Normenkette
BGB §§ 315, 626 Abs. 1, § 628 Abs. 2; KSchG §§ 9-10
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 19.06.2001 – 1 Ca 920/01 h – teilweise abgeändert:
- Es wird festgestellt, dass die fristlose Kündigung
- Beklagten vom 31.01.2001 unwirksam ist.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.132,11 DM (1.090,13 Euro) brutto zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basisdiskontzinssatz seit 06.03.2001.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2) Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3) Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin zu 7/10, die Beklagte zu 3/10.
4) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, Gehaltsansprüchen aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges sowie Zahlung einer Abfindung bzw. Schadensersatz.
Die Klägerin war seit 01.10.1988 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die AVR Anwendung, und die Klägerin war zunächst nach Vergütungsgruppe KR3 Ziffer 1 der Anlage 2a zu den AVR eingruppiert. Sie war nahezu ausschließlich in Nachtschicht auf der Intensivstation eingesetzt. Ab 01.06.1998 wurde sie in die „Vergütungsgruppe KR6 AVR Anlage 2 a eingruppiert”.
Am 21.10.2000 war bei einem Patienten zu Schichtbeginn der Klägerin eine Bülau-Drainage anzulegen. Die Klägerin war dazu nicht in der Lage, so dass die Krankenpfleger, die sie ablösen sollten, diese Arbeiten verrichten mußten. Die Klägerin half dabei.
Mit Schreiben vom 30.10.2000 versetzte die Beklagte aufgrund dieses Vorfalles die Klägerin wegen „Verletzung der arbeitsvertraglichen Dienstpflichten” von der Intensivstation auf die interdisziplinäre Station 3. Dagegen wendet sich die Klägerin, die vom 30.10.2000 bis 19.01.2001 arbeitsunfähig krankgeschrieben war. Sie hat die Ansicht vertreten, nach dem Arbeitsvertrag habe sie Anspruch auf Beschäftigung ausschließlich auf der Intensivstation. Für die von der Beklagten vorgenommene Versetzung habe zudem kein Grund bestanden; denn die Bülau-Drainage habe sie deshalb nicht montieren und bedienen können, weil sie in diese nicht eingewiesen worden sei.
Die Klägerin hat von der Beklagten Weiterbeschäftigung auf der Intensivstation verlangt, diese mit Schreiben vom 14.11.2000 abgemahnt und nach ihrer Gesundschreibung ihre Arbeitskraft für eine Tätigkeit auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz angeboten, was die Beklagte abgelehnt hat. Die ihr neu zugewiesene Tätigkeit nahm die Klägerin nicht auf. Dies nahm die Beklagte zum Anlass, das Arbeitsverhältnis der Klägerin fristlos wegen Arbeitsverweigerung mit Schreiben vom 31.01.2001 zu kündigen.
Die Klägerin ihrerseits kündigte das Arbeitsverhältnis ebenfalls unter dem 31.01.2001 fristlos, wobei sie die Kündigung auch darauf stützt, dass die Beklagte zur Gehaltszahlung ab 19.01.2001 nicht bereit war. Die Klägerin ist der Ansicht, ihre fristlose Kündigung sei berechtigt, während die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung rechtswidrig sei.
Die Klägerin verlangt ferner die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von mindestens 30.000,– DM (15.338,76 EUR). Hilfsweise verlangt sie Schadensersatz, da die Beklagte sie, die Klägerin, zur außerordentlichen Kündigung veranlaßt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 31.01.2001, zugegangen am 01.02.2001, nicht aufgelöst worden ist,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.132,11 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basisdiskontzinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 30.000,– DM nicht unterschreiben sollte, aufzulösen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die von ihr ausgesprochene fristlose Kündigung für rechtmäßig gehalten, da die Klägerin sich zu Unrecht geweigert habe, auf dem mit Schreiben vom 30.10.2000 zugewiesenen Arbeitsplatz zu arbeiten. Die Tätig...