Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Bestimmtheit einer Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Angebots im Rahmen einer Änderungskündigung.

2. Eine Änderungskündigung wird nicht dadurch zu unbestimmt, dass der Arbeitgeber sie zu einem kalendarisch bestimmten Termin ausspricht, hilfsweise zu einem anderen, späteren kalendarisch bestimmten Termin und äußerst hilfsweise "zum nächstmöglichen Termin".

3. § 5 Abs. 3 TV Ratio TDG verstößt nicht gegen § 622 Abs.6 BGB.

4. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 626 Abs.6 BGB ist, dass der Arbeitgeber nur mit der für eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers maßgeblichen Kündigungsfrist kündigen kann.

 

Normenkette

BGB § 622; KSchG §§ 1, 17; BetrVG § 102; NachwG § 2; TV Ratio TDG § 5; MTV TDG § 25

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 12.07.2017; Aktenzeichen 4 Ca 616/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2018; Aktenzeichen 2 AZR 381/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.07.2017 in Sachen4 Ca 616/16 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das o. g. Urteil teilweise abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren um eine arbeitgeberseitige Änderungskündigung vom 18.08.2016 sowie eine Versetzung des Klägers für die Zeit vom 23.09.2016 bis 03.04.2018 nach B .

Der am . .19 geborene Kläger ist seit 1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Arbeitnehmer beschäftigt. Sein durchschnittlicher Bruttoverdienst beträgt ca. 4.070,00 € monatlich. Der Kläger war im Betrieb der Beklagten "Direktvertrieb und Beratung" (DT ) beschäftigt, welcher zum 31.07.2013 aus betriebswirtschaftlichen Gründen vollständig und endgültig geschlossen wurde.

Die Parteien sind aus dem vorangegangenen Verfahren Arbeitsgericht Bonn 1 Ca 1817/13 = Landesarbeitsgericht Köln 7 Sa 427/14 = Bundesarbeitsgericht 2 AZR 238/15 gerichtsbekannt. Gegenstand des Vorverfahrens war eine im Hinblick auf die Schließung des Betriebes DT ausgesprochene Änderungskündigung vom 08.07.2013, der zufolge der Kläger mit Wirkung zum 01.08.2013 als Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 TV Ratio TDG in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der D T AG zu den in Abschnitt 1 des TV Ration TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen tätig werden sollte. Nachdem das Bundesarbeitsgericht deutlich gemacht hatte, dass es die Änderungskündigung vom 08.07.2013 für unwirksam hielt, weil die Tarifvertragsparteien den TV Ratio TDG erst einige Tage nach Zugang der Änderungskündigung vollständig unterschrieben hatten (vgl. Entscheidung vom 17.02.2016 im Parallelverfahren 2 AZR 613/14), schlossen die Parteien auf Anregung des Bundesarbeitsgerichts unter dem 20.09.2016 einen Vergleich, wonach die Beklagte aus der Änderungskündigung vom 08.07.2013 keine Rechte mehr herleitete und der Kläger sich mit der Fortsetzung des damals aktuellen Einsatzes bei der V GmbH in B bis zum 22.09.2016 einverstanden erklärte.

Nunmehr sprach die Beklagte dem Kläger unter dem 18.08.2016 erneut eine Änderungskündigung aus (Bl. 125 f. d. A.). Darin heißt es auszugsweise wie folgt:

"Hiermit kündigen wir das zwischen der D T und Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis unter Beachtung der Kündigungsfrist des TV Ratio TDG von drei Wochen mit Wirkung zum Ablauf des 15.09.2016, hilfsweise unter Beachtung der Kündigungsfrist des MTV TDG von sieben Monaten zum Ablauf des 31.03.2017 und äußerst hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.

Zugleich bieten wir Ihnen an, Ihr Arbeitsverhältnis mit der D T über den genannten Beendigungszeitpunkt hinaus ab dem 16.09.2016, hilfsweise ab dem 01.04.2017, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin, zu folgenden geänderten Bedingungen fortzusetzen:

1.

Sie werden mit Wirkung zum 16.09.2016 als Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 TV Ratio TDG in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit TPS der D T zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen tätig.

2.

Im Übrigen bleiben die bisherigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages unverändert."

Der Änderungskündigung war eine Ablichtung des Textes des TV Ratio TDG - allerdings ohne dessen Anlagen - und ein Merkblatt über die wesentlichen Regelungen des TV Ratio TDG (Bl. 292 f. d.A.) beigefügt. Der vollständige Text inklusive Anlagen ist im Intranet der Beklagten abrufbar.

Der Kläger nahm die Änderungskündigung vom 18.08.2016 unter Vorbehalt an.

Mit Schreiben vom 13.09.2016 (Bl. 61 f. d. A.) versetzte die Beklagte den in G wohnenden Kläger für die Zeit vom 23.09.2016 bis 03.04.2018 temporär auf einen Arbeitsplatz als Sachbearbeiter Back-Office in der V GmbH (V ), einer hundertprozentigen Tochter der D T an den Standort B . Weiter heißt es in dem Versetzungsschreiben auszugsweise:

"Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aufgrund fehlender heimatnaher Beschäftigungsmöglichkeiten einen Einsatz in B vornehmen. Nach den tari...

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