Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Bewerberverfahrensanspruchs eines schwer behinderten Bewerbers um eine Stelle als Referent bei dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Leitsatz (amtlich)
Zum Bewerberverfahrensanspruch eines schwerbehinderten Menschen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein öffentlicher Arbeitgeber hat einen sich bewerbenden schwer behinderten Menschen gemäß § 82 Satz 3 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch zu lade, es sei denn, diesem fehlt offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle.
2. Maßgeblich im Rahmen der Feststellung der fachlichen Eignung ist das in der Stellenausschreibung formulierter Anforderungsprofil. Dabei ist nicht auf das formelle Anforderungsprofil abzustellen, sondern auf die Anforderung, die der Arbeitgeber an ein Stellensbewerber stellen dort. Die Festlegung des Anforderungsprofil fehlt muss im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar, d.h. frei von sachfremden Erwägungen sein.
3. Bei Referentenstellen bei dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz stellt es sich nicht als sachfremd dar, wenn das Anforderungsprofil eine mit dem 2. Staatsexamen abgeschlossene juristische Ausbildung oder die Qualifikation als Master auf Public Administration fordert.
Normenkette
GG Art. 33
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 29.09.2017; Aktenzeichen 2 Ga 45/17) |
Tenor
- Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 29.09.2017 - 2 Ga 45/17 - teilweise abgeändert und der Antrag des Verfügungsklägers insgesamt zurückgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger.
- Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über die Verpflichtung der Beklagten, die Besetzung der streitgegenständlich ausgeschriebenen Referentenstellen vorläufig zu unterlassen.
Der am 17.06.1965 geborene Kläger ist schwerbehindert.
Die Beklagte schrieb für die Behörde des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit unter der Kennung ZA-Pers-100/002#0097 mehrere Referentinnen/Referentenstellen aus. Als fachliche Anforderung sah die Stellenausschreibung alternativ die Befähigung für die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes aufgrund eines abgeschlossenen Hochschulstudiums der Rechtswissenschaft mit erfolgreich abgelegter zweiter juristischer Staatsprüfung (mit mindestens der Note befriedigend) bzw. die Erlangung eines Masters of Public Administration (mit mindestens der Note gut) inklusive entsprechender berufspraktischer Einführung vor.
Innerhalb der Bewerbungsfrist bis 13.08.2017 bewarb sich der Kläger unter dem 13.08.2017 auf die ausgeschriebene Stelle. Per Mail vom 16.08.2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Bewerbung könne aus formalen Gründen nicht weiter berücksichtigt werden, da der Kläger nachweislich weder die Befähigung für die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes aufgrund eines abgeschlossenen Hochschulstudiums der Rechtswissenschaft mit erfolgreich abgelegter zweiter juristischer Staatsprüfung noch einen Abschluss als Master of Public Administration inklusive entsprechender berufspraktischer Einführung erlangt habe.
Mit seinem am 30.08.2017 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Kläger, der Beklagten vorläufig, längstens jedoch bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache oder dem Abschluss eines unter Einbeziehung des Klägers neu durchzuführenden Bewerbungsverfahrens zu untersagen, die Stelle der streitgegenständlichen Referenten zu besetzen oder kommissarisch durch die/den im angegriffenen Auswahlverfahren bestplatzierte/n Bewerber/in ausführen zu lassen.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, er könne die von ihm beantragte Untersagung aus seinem Bewerberverfahrensanspruch gemäß Artikel 33 Abs. 2 GG herleiten. Es liege ein Verstoß gegen die Einladungspflicht der Beklagten gemäß § 82 S. 2 SGB IX vor, da der Kläger für die ausgeschriebenen Referentenstellen nicht offensichtlich fachlich ungeeignet sei. In den Stellenausschreibungen seien nicht zulässige Auswahlkriterien benannt, die der Kläger nicht erbringen könne. Für die ausgeschriebenen Stellen seien nicht zwingend die Alternativen fachlichen Anforderungsvoraussetzungen (zweites juristisches Staatsexamen bzw. Master of Public Administration) erforderlich. Zu dem Master of Public Administration sei festzustellen, dass dieser konzeptionell dem Master of Business Administration angelehnt sei, so dass nicht ersichtlich sei, warum die Qualifikation des Klägers als Wirtschaftswissenschaftler mit mehrjähriger Erfahrung in einer oberen Landesverwaltung zu einer fachlichen Ungeeignetheit des Klägers führen könne, da der Kläger seit dem Jahr 2015 beim J im Land Nordrhein-Westfalen als Referent für Europaobjekte tätig gewesen sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass im Rahmen der Studiengänge für die Erlangung des Master o...