Entscheidungsstichwort (Thema)
Formularmäßige Vereinbarung der Rückzahlbarkeit von Kosten eines Auszubildenden für Seminarbesuche bei einem externen Ausbildungsinstitut bei vorzeitiger Eigenkündigung
Leitsatz (amtlich)
Zur Unzulässigkeit der in einem formularmäßigen Ausbildungsvertrag übernommenen Verpflichtung eines Auszubildenden, im Falle einer Eigenkündigung bestimmte vom Ausbildungsbetrieb verauslagte Kosten für Seminarbesuche u.ä. bei einem externen Ausbildungsinstitut zurückzuerstatten.
Leitsatz (redaktionell)
Eine Klausel in einem formularmäßigen Ausbildungsvertrag mit einem Fitnessstudio, wonach bei vorzeitiger Beendigung der Ausbildung zum Fitness- und Gesundheitstrainer bzw. Sport- und Fitnesskaufmann die Gebühren für die Teilnahme an einem externen Seminar zurückzuzahlen sind, verstößt - jedenfalls bei einer Kündigung in der Probezeit - gegen § 22 Abs. 1 BBiG und ist schon aus diesem Grund unwirksam.
Normenkette
BGB § 307; BBiG § 23; BGB § 305; BBiG §§ 12, 17, 20, 22
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Entscheidung vom 09.07.2013; Aktenzeichen 3 Ca 1418/13 h) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 09.07.2013 in Sachen3 Ca 1418/13 h wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um einen vertraglich vereinbarten Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung von Ausbildungskosten.
Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin betreiben sog. Fitness-Studios. Der am 21.01.1994 geborene Beklagte absolvierte zunächst in der Zeit vom 01.02.2011 bis 31.07.2011 und sodann verlängert bis 31.12.2011 bei der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ein Praktikum. Am 11.11.2011 unterzeichneten die Rechtsvorgängerin der Klägerin sowie der Beklagte persönlich einen sog. "Qualifizierungsvertrag zum Fitness- und Gesundheitstrainer/-in (I )" "Sport- und Fitnesskaufmann/-frau IHK". Dieser Vertrag enthält auszugsweise u. a. die folgenden Regelungen:
"Präambel
Die betriebliche Ausbildung erfolgt durch den Arbeitgeber, der über die einschlägigen sportpraktischen Lizenzen verfügt und in Kooperation mit der I , über die Dauer von 36 Monaten zum Fitness- und Gesundheitstrainer ausbildet. Diese Qualifizierung ist daher keine öffentlich-rechtliche Ausbildung. Daneben wird der/die zu Qualifizierende zur Prüfung zu/r Sport- und Fitnesskaufmann/-frau IHK vorbereitet.
§ 1 Zeitraum
Der Arbeitgeber erklärt sich bereit, den/die zu Qualifizierende/n in der Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2014 betrieblich zum/zur Sport- und Gesundheitstrainer/in I auszubilden und auf die Prüfung zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau IHK vorzubereiten.
§ 2 Probezeit
Die Probezeit beträgt vier Monate.
§ 3 Vertragsdauer
Das Ausbildungsverhältnis endet ohne besondere Kündigung zum Ablauf der Ausbildungszeit. Bei nichtbestandener Abschlussprüfung kann das Ausbildungsverhältnis verlängert werden, wenn der/die zu Qualifizierende dies wünscht. Die Verlängerung endet mit der bestandenden Wiederholungsprüfung, spätestens jedoch nach einem Jahr.
§ 4 Arbeitszeit
Der/die zu Qualifizierende steht dem Arbeitgeber im o. g. Zeitraum mit einer betriebsüblichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zur Verfügung. Es gilt die 6-Tage-Woche.
§ 5 Vergütung
Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem/der zu Qualifizierenden ein monatliches Gehalt in Höhe von 550,00 € brutto zu vergüten. Der Nettobetrag wird dem/der zu Qualifizierenden überwiesen.
(...)
§ 7 Aufgabenbereiche
Zum Erlangen des Ausbildungszieles ist es wichtig, dass der/die zu Qualifizierende sämtliche Bereiche des Arbeitgebers durchläuft. Insbesondere sind dies: Trainingsfläche, Kursbereich, Wellness, Empfang, Verkauf, Bürotätigkeiten und Kundenberatung. Der/die zu Qualifizierende soll das von der I vermittelte Wissen schnell in die Praxis umsetzen. Dazu gehören neben den sportpraktischen Themen auch die Anforderungen der IHK. Daher trägt der Arbeitgeber dafür Sorge, gerade in der Vorbereitungsphase zur IHK-Prüfung den/die zu Qualifizierende/n in den prüfungsrelevanten Bereichen einzusetzen.
(...)
§ 12 Kostenübernahme
Der Arbeitgeber verpflichtet sich der I GmbH gegenüber, die Kosten für Kursunterlagen, Lehrhefte, Workshops und Seminare zu übernehmen. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zur Rückzahlung der vom Arbeitgeber übernommenen Gebühren für die I (derzeit 329,00 € monatlich), wenn er vor Beendigung der Ausbildung auf eigenen Wunsch oder aus Gründen, die er zu vertreten hat, das Ausbildungsverhältnis vorzeitig kündigt.
(...)
§ 14 Kündigung
Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nur gekündigt werden
1.
aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist
2.
von dem/r zu Qualifizierenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn er/sie die Berufsausbildung aufgibt oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will." (Bl. 4 f. d. A.)
Auf den vollständigen Inhalt des "Qualifizierungsvertr...