Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrente. Gesamtversorgung. Auslegung Versorgungsordnung. Quotierung. Bestandsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Auslegung einer Versorgungsordnung, die eine Gesamtversorgung gewährt, bei einem im Alter von 61 Jahren ausscheidenden Arbeitnehmer, der sodann nahtlos gesetzliche Rente und Betriebsrente bezieht, im Hinblick auf die Quotierung des Betriebsrentenanspruchs sowie die Berechnung der anzurechnenden Sozialversicherungsrente.

 

Normenkette

BetrAVG § 6; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.09.2010; Aktenzeichen 7 Ca 11589/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.2013; Aktenzeichen 3 AZR 715/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.09.2010 – 7 Ca 11589/09 – teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kläger über den 01.09.2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 641,89 EUR hat.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 128,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 75 % und die Beklagte zu 25 % zu tragen.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der chemischen Industrie. Sie gehörte zu den großen Kölner Chemiefirmen und beschäftigte seinerzeit weit über 1.000 Mitarbeiter. Im Laufe der Jahre wurden die Produktionsanlagen wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt. Seit der letzten Stilllegung im Jahr 1994 führt die Beklagte nur noch das frühere Chemikalien-Handelsgeschäft mit zuletzt 5 Mitarbeitern weiter. Daneben besteht die wesentliche Aufgabe der Beklagten darin, die Versorgungszusagen der aktuell über 1.000 Betriebsrentner zu gewährleisten.

Der am 1927 geborene Kläger war seit dem 04.08.1941 zuletzt als AT-Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis endete im Wege einer im April 1998 vereinbarten einvernehmlichen Aufhebung seines Arbeitsvertrages zum 31.12.1988. Seit dem 01.01.1989 bezieht der Kläger gesetzliche Altersrente. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt zahlt die Beklagte an den Kläger eine Betriebsrente auf der Grundlage des sog. K+S-Statuts in der Fassung vom 05.04.1984. Bis zum August 2009 betrug die monatlich gezahlte Betriebsrente 766,43 EUR. Auf die Berechnung der Beklagten vom 02.01.1989 (Bl. 146 d. A.) wird insoweit Bezug genommen.

Seit September 2009 zahlt die Beklagte an den Kläger lediglich 599,00 EUR monatlich an Betriebsrente. Sie beruft sich dabei auf eine vorzunehmende Quotierung wegen des Nichterreichens der festen Altersgrenze 65 sowie auf die zunächst unterbliebene Anrechnung der fiktiven Sozialversicherungsrente, die der Kläger mit Erreichen des 65. Lebensjahrs erzielt hätte im Rahmen der zugesagten Gesamtversorgung.

Wegen des Weiteren erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht am 08.09.2010 der Klage weitestgehend stattgegeben. Es hat festgestellt, dass der Kläger über den 01.09.2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 766,43 EUR hat und hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger für die Monate September bis einschließlich November 2009 eine Nachzahlung in Höhe von 442,29 EUR zu leisten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar übersteige die gezahlte und zu zahlende Betriebsrente den nach der ursprünglichen Versorgungsordnung eigentlich zu zahlenden Betrag. Dies sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass die Beklagte die Betriebsrentenberechnung in der Vergangenheit stets anders vorgenommen habe und dies Grundlage für die Entscheidung des Klägers gewesen sei, sich auf eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzulassen. Jedenfalls stelle es sich als unzulässiges widersprüchliches Verhalten dar, wenn die Beklagte nunmehr Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einer bloßen Auslegungsregelung zum Anlass nehme, die Berechnung der Betriebsrente in wesentlichen Punkten zu ändern. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 77 ff. d. A.) Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 05.10.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.10.2010 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 31.01.2011 begründet.

Die Beklagte meint, das Urteil des Arbeitsgerichts beruhe auf reinen Spekulationen, da das erstinstanzliche Gericht die Ausführungen der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen habe. Aus diesen Gründen rügt die Beklagte mehrfach die Verletzung rechtlichen Gehörs und wieder...

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