Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente, Auslegung Versorgungsordnung, Gesamtversorgung. Quotierung, Bestandsschutz
Leitsatz (amtlich)
Auslegung einer Versorgungsordnung, die eine Gesamtversorgung gewährt, bei einem im Alter von 60 Jahren ausscheidenden Arbeitnehmer, der sodann nahtlos gesetzliche Rente und Betriebsrente bezieht, im Hinblick auf die Quotierung des Betriebsrentenanspruchs sowie die Berechnung der anzurechnenden Sozialversicherungsrente.
Normenkette
BetrAVG § 6; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 15.09.2010; Aktenzeichen 9 Ca 55/10) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.09.2010 – 9 Ca 55/10 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.185,06 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.09.2010 zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger jeweils zum Monatsersten beginnend mit dem 01.10.2010 zusätzlich zu der unstreitig geschuldeten Betriebsrente in Höhe von 966,00 EUR weitere 129,62 EUR, mithin also insgesamt 1.095,62 EUR als Betriebsrente zu zahlen.
- Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 55% und die Beklagte zu 45% zu tragen.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der chemischen Industrie. Sie gehörte zu den großen K Chemiefirmen und beschäftigte seinerzeit weit über 1.000 Mitarbeiter. Im Laufe der Jahre wurden die Produktionsanlagen wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt. Seit der letzten Stilllegung im Jahr 1994 führt die Beklagte nur noch das frühere Chemikalien-Handelsgeschäft mit zuletzt 5 Mitarbeitern weiter. Daneben besteht die wesentliche Aufgabe der Beklagten darin, die Versorgungszusagen der aktuell über 1.000 Betriebsrentner zu gewährleisten.
Der am … 1928 geborene Kläger war seit dem 01.10.1959 zuletzt als AT-Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis endete im Wege einer im März 1989 vereinbarten einvernehmlichen Aufhebung seines Arbeitsvertrages zum 30.09.1989. Seit dem 01.10.1989 bezieht der Kläger aufgrund seines Antrags vom 10.01.1989 gemäß Rentenbescheid vom 28.06.1989 gesetzliche Altersrente. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt zahlt die Beklagte an den Kläger eine Betriebsrente auf der Grundlage des sog. K+S-Statuts in der Fassung vom 05.04.1984. Bis zum August 2009 betrug die monatlich gezahlte Betriebsrente 1.252,66 EUR. Ab September 2009 bis einschließlich Juni 2010 zahlte die Beklagte an den Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.016,– EUR und kürzte diesen Betrag erneut ab Juli 2010 auf 966,– EUR. Auf die Berechnungen der Beklagten (Bl. 26f., 102f. und 111f. d. A.) wird insoweit Bezug genommen.
Hinsichtlich der aktuellen Rentenberechnung beruft sich die Beklagte auf eine vorzunehmende Quotierung wegen des Nichterreichens der festen Altersgrenze 65 sowie auf die zunächst unterbliebene Anrechnung der fiktiven Sozialversicherungsrente, die der Kläger mit Erreichen des 65. Lebensjahrs erzielt hätte im Rahmen der zugesagten Gesamtversorgung.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten Differenzbeträge aus der Vergangenheit sowie zur zukünftigen Zahlung der ursprünglich gewährten Betriebsrente verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die grundsätzliche Berechnung der Betriebsrente als Differenz zwischen dem für den Kläger geltenden Gruppenhöchstbetrag von 4.475 DM und der gesetzlichen Altersrente des Klägers in Höhe von 2.034 DM sei zwischen den Parteien unstreitig. Dieser Differenzbetrag unterliege entgegen der Auffassung der Beklagten keiner Kürzung wegen des Ausscheidens des Klägers vor Vollendung des 65. Lebensjahres, da das Versorgungsstatut den Fall der vorzeitigen Inanspruchnahme einer gesetzlichen Rente in § 4 Nr. 1 c) ausdrücklich geregelt habe. Das im Bewusstsein des in § 6 BetrAVG geregelten Sonderfalls im K+S-Statut normierte Rentenbausteinsystem stelle eine rechtlich zulässige Regelung dar, um eine anteilige Anspruchsentstehung in Abhängigkeit von anrechenbaren Dienstzeiten zu gewährleisten. Eine richterliche Vertragshilfe zugunsten der Beklagten sei daher nicht geboten.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 168 ff. d. A.) Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 07.10.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.11.2010 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründ...