Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwälte. Werbung. Unterlassungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Wendet sich ein angestellter Rechtsanwalt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses an früher von ihm vertretene Mandanten mit der Aufforderung, mit ihm in den „jeweiligen laufenden Sachen” einen Besprechungstermin zu vereinbaren, um künftig durch ihn „ihre Interessen kompetent und zielstrebig durchsetzen zu lassen”, so stellt dies eine unzulässige Direktwerbung um die Erteilung eines Auftrags dar, die ein Unterlassungsanspruch rechtfertigen kann.
2. Bei einer nach § 32 Abs. 3 BORA zulässigen Befragung, durch wen sich die Mandanten künftig vertreten lassen wollen, muss über die Wahlmöglichkeit aufgeklärt werden.
Normenkette
UWG §§ 8, 1, 3, 4 Nr. 11; BRAO § 43b; BORA § 32
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 10.09.2008; Aktenzeichen 6 Ga 29/08) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 10.09.2008 – 6 Ga 29/08 – werden kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob den Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben ist, es zu unterlassen, Mandanten der Kläger abzuwerben.
Die Beklagten waren als freie Mitarbeiter oder Angestellte in der von den Klägern gemeinsam betriebenen Anwaltskanzlei in E tätig. Seit dem 1. April 2008 betreiben die Beklagten gemeinschaftlich eine eigene Anwaltskanzlei.
Ab dem 28. März 2008 versandten die Beklagten an Mandanten, die sie vor ihrem Ausscheiden in der Anwaltskanzlei der Kläger beraten hatten, folgendes Schreiben:
„Sehr geehrte …,
wir freuen uns, Ihnen die Neugründung der
Anwaltskanzlei
zum 1.4.2008
bekannt geben zu dürfen.
Nach langjähriger Tätigkeit in der Anwaltskanzlei Hack & Jobs machen wir es uns nunmehr in eigener Sozietät zur Aufgabe, Ihre Interessen – wie bislang – kompetent und zielstrebig durchzusetzen.
Um dieses Ziel in die Tat umsetzen zu können, bitten wir Sie in Ihren jeweiligen laufenden Sachen um Vereinbarung eines Besprechungstermins, in dem alles Weitere persönlich geklärt werden kann ….”
Die Kläger versandten ab Anfang April 2008 Schreiben an Mandanten, die von den Beklagten in Strafsachen vertreten worden waren. Sie teilten darin das Ausscheiden der Beklagten mit, baten um Kontaktaufnahme mit einem der Kläger und um Ausgleich von Kostenrechnungen.
Mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehren die Kläger von den Beklagten, künftig nicht mehr Mandanten gezielt abzuwerben. Sie sehen darin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 43 b BRAO. Es habe sich nicht um eine nach § 32 BORA zulässige Befragung der Mandanten darüber gehandelt, wer künftig ihre laufenden Sachen bearbeiten solle. Im Innenverhältnis hätten die Mandate den beiden Klägern als den Kanzleiinhabern zugestanden.
Die Beklagten vertreten die Ansicht, sie hätten in nach § 32 BORA zulässiger Weise die Mandanten darüber befragt, ob sie künftig von ihnen vertreten werden wollten. Die Beklagten könnten schon deshalb nicht einwenden, diese Fragestellung sei nicht klar geworden, weil sie in gleicher Weise Mandanten angeschrieben hätten, für die die Beklagten als Pflichtverteidiger bestellt gewesen seien. Im Übrigen bestehe auch keine Wiederholungsgefahr, da sie bereits Ende März 2008 aus der Kanzlei der Kläger ausgeschieden seien.
Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Urteil vom 10. September 2008 den Beklagten aufgegeben, es zu unterlassen, zum Zwecke gezielter Abwerbung einzelfallbezogener Mandatsverhältnisse solche Personen anzuschreiben, anzusprechen oder in sonstiger Weise anzugehen, die mit der Anwaltskanzlei der beiden Kläger in einem konkreten Mandatsverhältnis stehen.
Das Urteil ist den Beklagten am 29. September 2008 zugestellt worden.
Beide Beklagten haben dagegen Berufung eingelegt, wobei die Berufung des Beklagten zu 1) am 5. November 2008 und die des Beklagten zu 2) am 21. Oktober 2008 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangen ist. Die Berufung ist vom Beklagten zu 1) am 5. November 2008 und vom Beklagten zu 2) ebenfalls am 5. November 2008 begründet worden. Der Beklagte zu 1) hat wegen der Versäumung der Berufungsfrist am 21. November 2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung beantragt, am 22. Oktober 2008 sei die Berufungsschrift an das Landesarbeitsgericht Köln versandt worden und auf entsprechende telefonische Nachfrage habe die zuständige Geschäftsstellenverwalterin des Landesarbeitsgerichts Köln vor Ablauf der Berufungsfrist bestätigt, dass die Berufung dort eingegangen sei.
Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen über die Zulässigkeit des Anschreibens nach § 32 BORA und das nach Ansicht der Beklagten treuwidrige Verhalten der Kläger, ihnen eine Befragung untersagen zu lassen, die sie selbst in gleicher Weise praktiziert hätten.
Der Beklagte zu 1) beantragt,
- ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
- unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 10. September 2008 – 6 Ga 29/08 – den Antrag...