Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Entschädigung für eine geschlechtsspezifische Diskriminierung

 

Leitsatz (amtlich)

Die bloße Verknüpfung der Trägerschaft eines nach § 1 AGG verpönten Merkmals einerseits mit einer nachteiligen Behandlung andererseits führt noch nicht zur Annahme eines Indizes nach § 22 AGG und damit nicht zur Beweislast des Arbeitgebers für die von ihm behauptete Tatsache, das verpönte Merkmal (hier: Geschlecht/Schwangerschaft) sei nicht einmal ein Teil seines Motivbündels für die belastende Entscheidung gewesen.

 

Normenkette

AGG §§ 1, 7, 15, 22

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 07.06.2018; Aktenzeichen 6 Ca 7206/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.06.2018 - 6 Ca 7206/17 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG sowie um Schadensersatz wegen einer von der Klägerin angenommenen geschlechtsspezifischen Diskriminierung durch die Beklagte.

Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen. Sie eröffnete am 01.11.2016 eine neue Filiale auf der B Straße. Für die dort entstehenden Arbeitsplätze schloss die Beklagte (nach deren Vortrag) insgesamt 16 befristete Arbeitsverträge ab, davon drei geringfügige. Von diesen 16 Arbeitsverhältnissen wurden sechs von den Beschäftigten selbst gekündigt und 3 durch die Beklagte während der Probezeit. Von den zur Eröffnung des Marktes eigestellten 16 Beschäftigten verblieben somit zuletzt sieben Beschäftigte, darunter die Klägerin. Nach dem Vortrag der Klägerin waren unter den 16 Beschäftigten 11 "aktive" Kassiererinnen. Alle diese Arbeitsverträge waren befristet auf ein Jahr, nämlich bis zum 31.10.2017. Bei den eingestellten Beschäftigten handelte es sich ausschließlich um Frauen. Konkret mit der Klägerin schloss die Beklagte am 06.10.2016 einen befristeten Vertrag für die Zeit vom 01.11.2016 bis zum 31.10.2017 in Teilzeit im Umfang von 66,67 % der tariflichen Arbeitszeit (25 Stunden wöchentlich) in einer Tätigkeit der Tarifgruppe G1 TJ 1. In der Folgezeit war die Klägerin wie vereinbart in der Filiale B Straße als Kassiererin im Einsatz. Zuletzt erzielte sie hier ein monatliches Brutto-Einkommen in Höhe von 1.036,05 EUR.

Im Mai 2017 erfuhr die Klägerin von ihrer Schwangerschaft. Wenn diese Schwangerschaft im Monat Mai auch prozessual von der Beklagten bestritten wurde, so steht jedenfalls fest, dass die Klägerin am 21.01.2018 einen Sohn geboren hat. Die Geburtsurkunde wurde im Kammertermin am 14.02.2019 vorgelegt. Gegenüber der Personalabteilung der Beklagten hat die Klägerin im Jahre 2017 kein Attest über die bestehende Schwangerschaft vorgelegt, keine Kopie des Mutterpasses vorgelegt, keine formlose Mitteilung über die bestehende Schwangerschaft gemacht. Ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, dem Zeugen M (Marktleiter), gegenüber hat sie jedoch in einem Gespräch am 22.05.2017 die bestehende Schwangerschaft mitgeteilt. Die Einzelheiten dieses Gesprächs sind allerdings streitig. Seit Montag, dem 19.06.2017 (also gut einen Monat später beginnend), war die Klägerin durchgehend krankheitsbedingt arbeitsunfähig. In der Zeit davor war sie zwischen dem 22.05.2017 und dem 19.06.2017 "häufiger" arbeitsunfähig (so die Klägerin im Schriftsatz vom "26.10.2017", Bl. 50) bzw. nur 2 Tage im Einsatz (so die Beklagte im Schriftsatz vom 25.05.2018, Bl. 56). Im Zeitraum seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.11.2016 bis zum 22.05.2017 war die Klägerin an insgesamt 12 Kalendertagen arbeitsunfähig - zumindest diese 12 Kalendertage sind unstreitig nicht schwangerschaftsbedingt gewesen. Die Arbeitsunfähigkeitszeiten während ihrer Schwangerschaft waren attestiert von zwei verschiedenen Hausärzten, einem Frauenarzt und schließlich ab dem 19.06.2017 durchgehend von einem Facharzt für Psychiatrie.

Am 21.07.2017, also einen weiteren guten Monat nach Beginn der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit und drei Monate vor Ende der Vertragsbefristung erhielt die Klägerin vom Marktleiter, dem Zeugen M , ein Schreiben zugesandt (Bl. 51 d.A.), aus dem die Klägerin schlussfolgerte, dass von der Beklagten nicht beabsichtigt sei, das Arbeitsverhältnis über das Ende der Befristung hinaus fortzuführen. Ausweislich der Überschrift handelt es sich bei dem Schreiben um eine "Zusatz-Vereinbarung zum befristeten Arbeitsvertrag". Als "Zusatz" können dort durch Ankreuzen drei Optionen "vereinbart" werden, wobei das Schreiben vom Marktleiter unterzeichnet und für die Unterschrift der Klägerin eine Freizeile vorgesehen war:

 Der Arbeitnehmer wird über den Ablauf der Befristung am 31.10.2017 bis zum ... (maximal 31.10.2018) befristet weiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

 Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung am 31.10.2017.

 Das Arbeitsverhältnis wird mit Ablauf der Befristung ab dem 01.11.2017 als u...

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