Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arztes auf Gewährung zusätzlicher Urlaubstage für nächtlichen Bereitschaftsdienst
Leitsatz (redaktionell)
§ 25 TV-Ärzte S ist dahingehend auszulegen, dass als Nachtarbeitsstunden im Sinne der tarifvertraglichen Vorschrift auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes anzusehen sind.
Normenkette
TV-Ärzte S. § 25 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 22.05.2019; Aktenzeichen 2 Ca 897/19) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.05.2019 - 2 Ca 897/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Gewährung von Zusatzurlaub für Bereitschaftsdienste während der Nachtzeit.
Die Klägerin ist Mitglied des M und seit dem November 1992 als Ärztin bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist ein Unternehmen einer Unternehmensgruppe, die zusammenfassend als "S -Klinken" bezeichnet wird. Zur Unternehmensgruppe gehören bundesweit über 50 Krankenhäuser. Die Beklagte betreibt in H ein Krankenhaus und beschäftigt etwa 320 Arbeitnehmer, davon ca. 60 Ärzte.
Die Unternehmensgruppe der "S -Klinken" entstand durch Übernahme einer Vielzahl verschiedener Klinken, die teils in kommunaler, privater oder kirchlicher Trägerschaft waren. Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher tarifvertraglicher Regelungen entschloss sich die die S -Kliniken AG in Vollmacht der Konzernunternehmen, einschließlich der Beklagten, zum Abschluss eines Tarifwerkes mit dem M . Unter dem 22.04.2008 wurde der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte in Einrichtungen der S Kliniken AG (TV-Ärzte S ) vereinbart, der in der Folgezeit Änderungen unterlag, zuletzt in den Fassungen des Änderungstarifvertrages Nr. 5 vom 30.06.2016 (Bl. 99 ff. d.A.) und des Änderungstarifvertrages Nr. 6 vom 28.03.2018 (Bl. 9 ff., 292 ff. d.A.), der zum 01.01.2018 in Kraft getreten ist.
Die Änderungstarifverträge Nr. 5 und Nr. 6 regeln übereinstimmend u.a. Folgendes:
"(...)
§ 7 Sonderformen der Arbeit
(...)
(4) Die Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). (...) Der Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne.
(...)
(8) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr.
(...)
§ 8
Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
(1) Ärzte erhalten neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen - auch bei Teilzeitbeschäftigten - je Stunde
(...)
b) Nachtarbeit 15 v.H.
(...)
§ 9
Ausgleich für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft
(...)
(2) Zur Berechnung des Entgelts wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit jeweils in zwei Stufen als Arbeitszeit gewertet. Ausschlaggebend sind die Arbeitsleistungen, die während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallen:
Bereitschafts-Dienststufe |
Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes |
Bewertung als Arbeitszeit |
I |
0 v.H. bis 40 v.H |
70 v.H. |
II |
mehr als 40 v.H bis 49 v.H |
80 v.H. |
Für die Zeit des Bereitschaftsdienstes, die als Arbeitszeit gewertet wird, werden folgende Bereitschaftsdienstentgelte pro Stunde gezahlt:
(...)
Diese Bereitschaftsdienstentgelte verändern sich zu demselben Zeitpunkt und in dem gleichen Ausmaß wie das Tabellenentgelt der jeweiligen Entgeltgruppe und -stufe. Das Bereitschaftsdienstentgelt kann im Verhältnis 1:1 in Freizeit abgegolten werden (Freizeitausgleich) Für die Zeit des Freizeitausgleichs werden das Tabellenentgelt und die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen einschließlich der fixen Ergebnisbeteiligung (§ 15 Absatz 2) fortgezahlt. Die Zuweisung zu den Stufen des Bereitschaftsdienstes erfolgt durch schriftliche Nebenabrede zum Arbeitsvertrag.
(3) Für jede Stunde des Bereitschaftsdienstes werden auf das entsprechend der Bewertung gemäß Absatz 2 zu berechnende Entgelt je Bereitschaftsdienststunde folgende Zeitzuschläge mit der auf den Monat der Entstehung (Ableistung des Bereitschaftsdienstes) folgenden Gehaltsabrechnungen vergütet, soweit für die jeweilige Stunde die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind:
a) bei Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden zwischen 20:00 Uhr und 24:00 Uhr und 4:00 Uhr und 6:00 Uhr |
25 v.H. |
b) bei Bereitschaftsdiensten in Nachtstunden zwischen 00:00 Uhr und 4:00 Uhr |
40 v.H. |
c) bei Bereitschaftsdienst an Sonn- und Feiertagen |
50 v.H. |
Bei Zusammentreffen der Zuschläge nach a) und c) oder b) und c) werden diese kumulativ gezahlt.
(...)
§ 25
Zusatzurlaub
(...)
(5) Ärzte erhalten Zusatzurlaub im Kalenderjahr bei einer Leistung im Kalenderjahr von
Mindestens 150 Nachtarbeitsstunden 1 Arbeitstag
300 Nachtarbeitsstunden 2 Arbeitstage
450 Nachtarbeitsstunden 3 Arbeitstage
600 Nachtarbeitsstunden 4 Arbeitstage
(...)
Protokollnotiz zu § 25 Absatz 5:
Der Anspruch auf Zusatzurlaub bemisst sich nach den abgeleisteten Nachtarbeitsstunden und entsteht im laufenden Jahr, sobald die Voraus...