Entscheidungsstichwort (Thema)
Vetragsauslegung. Billiges Ermessen. Gehaltsanpassung. Gehaltsüberprüfung
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer Arbeitsvertragsklausel, wonach „das feste Jahresgehalt einmal jährlich zu überprüfen und regelmäßig entsprechend der prozentualen Besoldungsanpassung für Bundesbeamte zu erhöhen ist.”
Normenkette
BGB § 315; BBesG §§ 1, 14
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 09.09.2004; Aktenzeichen 7 Ca 1962/04) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 9. September 2004 – 7 Ca 1962/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, das Gehalt des Klägers mit Wirkung zum 1. April 2004 und zum 1. August 2004 um jeweils 1 % zu erhöhen.
Der Kläger ist als außertariflicher Angestellter bei dem Beklagten seit dem 1. Mai 2001 beschäftigt. Er ist als Experte für Kommunikation tätig.
In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 5./6. April 2001 haben die Parteien unter § 5 über die Vergütung bestimmt:
- Herr F erhält für seine Tätigkeit ein festes Jahresgrundgehalt. Das feste Jahresgrundgehalt beträgt brutto 110.000,00 DM.
- Das feste Jahresgrundgehalt wird in zwölf gleichen Teilen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge jeweils am 15. eines Monats gezahlt. Das feste Jahresgrundgehalt vermindert sich anteilig entsprechend für Zeiten des Nichtbestehens des Arbeitsverhältnisses sowie für Zeiten ohne Entgeltanspruch.
- Das feste Jahresgehalt wird einmal jährlich überprüft und regelmäßig entsprechend der prozentualen Besoldungsanpassung für Bundesbeamte erhöht…
Zusätzlich wird dem Kläger eine jährliche variable Vergütung gewährt, die von der Erreichung gemeinsam festgelegter Ziele abhängig ist.
Durch Nachtrag vom 20. Dezember 2001 vereinbarten die Parteien eine Erhöhung des Bruttojahresgrundgehalts um 2,2 % ab 1. Januar 2002 und durch Nachtrag vom 29. Juli 2003 eine Erhöhung dieses Gehalts um 2,4 % ab 1. Juli 2003. Dies entsprach den gesetzlichen Regelungen über die Erhöhung der Dienstbezüge der Bundesbeamten.
Zur Besoldung der Beamten gehören nach § 1 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) neben den Dienstbezügen (Grundgehalt, Leistungsbezüge, Familienzuschlag, Zulagen, Vergütungen, Auslandsdienstbezüge) auch sonstige Bezüge (Anwärterbezüge, jährliche Sonderzahlungen, vermögenswirksame Leistungen). Nach § 14 BBesG wird die Besoldung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung durch Bundesgesetz regelmäßig angepasst.
Durch das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. September 2003 (BBVAnpG 2003/2004) wurde bestimmt, dass ab 1. April 2004 um 1,0 % und ab 1. August 2004 um weitere 1, 0 % die folgenden Dienstbezüge erhöht werden: Grundgehaltssätze, Familienzuschlag, Amtszulagen, Anwärtergrundbeträge.
Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29. Dezember 2003 (HbeglG 2004) sind für die Bundesbeamten die jährlichen Sonderzahlungen ab dem Jahr 2004 neu geregelt worden. Danach erhalten sie eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 5 % der für das Kalenderjahr zustehenden Bezüge. Das bisherige Urlaubsgeld ist danach entfallen.
Mit der vorliegenden Klage, die am 5. Juni 2004 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangen ist, verlangt der Kläger von dem Beklagten, sein Bruttogrundgehalt ab dem 1. April 2004 und ab dem 1. August 2004 um jeweils 1 % zu erhöhen.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei nach § 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrages verpflichtet, entsprechend der Regelung in dem BBVAnpG 2003/2004 sein Bruttogrundgehalt zu erhöhen.
Er hat beantragt,
- festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ab dem 1. April 2004 das monatliche Bruttogrundgehalt des Klägers um 1 % von EUR 4.904,91 auf EUR 4.953,96 zu erhöhen,
- festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ab dem 1. August 2004 das monatliche Bruttogrundgehalt des Klägers um weitere 1 % auf EUR 5.003,50 zu erhöhen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, nach § 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrages sei er zu einer jährlichen Überprüfung des Gehalts verpflichtet. Dabei könne er aus begründetem Anlass davon absehen, das Bruttogrundgehalt des Klägers um die prozentuale Steigerung der Dienstbezüge der Beamten zu erhöhen. Ein solcher Anlass habe für ihn im Jahr 2004 bestanden, da der Wegfall des Urlaubsgeldes und die Absenkung der jährlichen Sonderzahlung bei den Bundesbeamten von 84 % auf 60 % trotz der prozentualen Erhöhung der Dienstbezüge zu einer tatsächlichen Verringerung der Gesamtbezüge geführt habe. Zudem hätten das Bundesministerium der Finanzen, der Bundesrechnungshof, eine Unternehmensberatung und die Mitgliederversammlung des Beklagten Kritik an der Höhe der Mitarbeiterbezüge geübt. Im Jahr 2003 seien nur die Gehälter der Mitarbeiter erhöht worden, denen e...