Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit eines Nachtarbeiterzuschlages für Zeitungszusteller in Höhe von 30 Prozent vom üblichen Lohn. Schwere der Tätigkeit für Höhe des Nachtarbeitszuschlages nicht von Bedeutung
Leitsatz (redaktionell)
Die Zahlung von 30 Prozent des üblichen Lohns als Nachtarbeitszuschlag ist angemessen und Ausdruck des Wahlrechtes zum Ausgleich der Nachteile der Nachtarbeit.
Ein Verzicht auf die Verfallfrist ist wirksam.
Normenkette
ArbZG § 6 Abs. 5; GG Art. 5; ZPO § 259; BGB § 307
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 14.06.2019; Aktenzeichen 18 Ca 8583/18) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.06.2019 - 18 Ca 8583/18 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe eines angemessenen Nachtarbeitszuschlags für die vom Kläger als Zeitungszusteller zu verrichtende Nachtarbeit im berufungsrelevanten Zeitraum von Dezember 2015 bis März 2019.
Der Kläger ist - zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten - seit dem 01.02.2011 als Zeitungszusteller beschäftigt. Grundlage seines Arbeitsverhältnisses ist für den Zeitraum ab dem 01.04.2011 der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien des Klägers mit der R K /L GmbH vom 31.03.2011. Im Anschluss an umwandlungsrechtliche Verschmelzungs- und Formwechselvorgänge ist das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte übergegangen und besteht mit der Beklagten seit Anfang 2015.
Die Beklagte ist ein Zustellbetrieb und stellt die Zeitungstitel der M D R (K -S , K R , E ) in ihrem Zustellterritorium an die jeweiligen Abonnenten zu. Bei der Beklagten sind ca. 1.050 Zusteller beschäftigt. In ihrem Betrieb ist ein Betriebsrat gebildet.
Gemäß Ziffer 2a) der Anlage zum schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31.03.2011 zahlt die Beklagte dem Kläger eine Nachtarbeitszulage von 20 % vom jeweiligen Lohn.
Gemäß § 5 des Arbeitsvertrages vom 31.03.2011 ist der Kläger verpflichtet, die angelieferten Zeitungen täglich bis 06:00 Uhr an die vorgegebenen Adressen auszutragen.
Gemäß § 9 des Arbeitsvertrages vom 31.03.2011 ist eine Ausschlussklausel mit folgendem Inhalt geregelt:
Alle Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag müssen innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach schriftlicher Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs durch die Gesellschaft ist der Anspruch binnen einer Frist von drei Monaten gerichtlich einzuklagen. Danach ist jegliche Geltendmachung des Anspruchs ausgeschlossen.
In der Betriebsvereinbarung vom 29.03.2016 regelte die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat Folgendes:
"1. Die Arbeitgeberin verzichtet bezüglich solcher Ansprüche auf Zahlung eines angemessenen Nachtzuschlags, die zum heutigen Tag nicht bereits verfallen sind. Auf die Einhaltung etwaiger Verfallfristen durch die Arbeitnehmer, die als Zeitungszusteller bei ihr beschäftigt sind oder waren. Die Frage der angemessenen Höhe ist zwischen den Parteien streitig.
2. Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, einen höheren Nachtzuschlag als 10 % an alle bei ihr beschäftigten Zeitungszusteller zu zahlen, wenn im Rechtsstreit eines Zeitungszustellers, der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin ist oder war, durch rechtskräftiges Urteil ein höherer Nachtzuschlag als 10 % als angemessen festgestellt worden ist (einer Feststellung im Urteilstenor bedarf es nicht). Diese Verpflichtung übernimmt die Arbeitgeberin durch diese Betriebsvereinbarung für spätestens für die Zeit ab Rechtskraft des Urteils."
Unter Ziffer I.3. der Betriebsvereinbarung zur innerbetrieblichen Lohngestaltung vom 23.12.2016 ist hinsichtlich eines angemessenen Nachzuschlags als Lohnbestandteil geregelt, dass dieser für bis zum 31.12.2016 eingestellte Arbeitnehmer mindestens 20 % und für ab dem 01.01.2017 eingestellte Arbeitnehmer mindestens 10 % betrage.
Mit Schreiben vom 07.11.2018 macht der Kläger gegenüber der Beklagten die Zahlung einer Nachtarbeitszulage von 30 % als angemessen geltend und fordert mit Rücksicht darauf, für den Zeitraum ab dem 01.01.2015 für die von ihm geleistete Nachtarbeit den entsprechenden Differenzbetrag zu den von der Beklagten geleisteten Nachtarbeitszuschlägen in Höhe von 20 % nachzuzahlen.
Mit seiner Klage vom 14.12.2018, die am 17.12.2018 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, und im Rahmen der Klageerweiterung vom 25.04.2019 verfolgt der Kläger sein Begehren auf Zahlung der Differenzbeträge hinsichtlich der Nachtarbeitszuschläge weiter.
Er hat erstinstanzlich geltend gemacht, ihm stehe ein Anspruch auf Differenzzahlung zwischen der von der Beklagtenseite geleisteten Zuschlagshöhe von 20 % des Lohns zu geschuldeten 30 % für den Zeitraum ab Januar 2015 bis einschließlich März 2019 zu. Die Voraussetzungen der zuschlagspflichtigen Nachtarbeit im Sinne des § 6 ArbZG lägen vor, da der Kläger an mindestens 48 Tagen im Kalenderj...