Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 15.04.1997; Aktenzeichen 6 Ca 1502/96) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.04.1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Aachen – 6 Ca 1502/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: 15.467,87 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Ersatz eines Steuerschadens, der dem Kläger dadurch entstanden ist, daß das beklagte Unternehmen für Zeitungszustellungen, sein Arbeitgeber, an ihn die Vergütung für die Zeit von Oktober 1994 bis Januar 1996 erst im Februar 1996 in einer Summe ausgezahlt hat. Die Beklagte hatte dem Kläger, der seit Oktober 1975 bei ihr – zuletzt als Vertriebsinspektor beschäftigt ist, mit Schreiben vom 06.10.1994 fristlos gekündigt – mit der Begründung, der Kläger habe seit vielen Jahren gewußt, daß ein von ihm zum Schein eingestellter Zusteller nicht selber die Zeitungen austrug, sondern dies seiner Ehefrau überließ; dementsprechend habe er sowohl ihr gegenüber als auch als Zeuge vor Gericht über diesen Umstand die Unwahrheit gesagt. Die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht Aachen mit Urteil vom 31.05.1995 (2 Ca 2712/94) nach Beweisaufnahme abgewiesen. Auf seine Berufung hin hat das Landesarbeitsgericht Köln der Klage mit Urteil vom 12.01.1996 (12 ≪11≫ Sa 926/95) stattgegeben mit der Begründung: Zwar spreche nach der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme vieles dafür, daß der Kläger zumindest seit 1992 von dem Scheinarbeitsverhältnis gewußt, die Beklagte demgemäß falsch unterrichtet habe und seine Zeugenaussage vor Gericht demnach unrichtig gewesen sei; die Reaktion der Beklagten sei jedoch nicht angemessen und nicht interessengerecht. Per 22.02.1996 nahm die Beklagte die Abrechnung der rückständigen Gehaltsansprüche des Klägers für die Zeit von Oktober 1994 bis Januar 1996 vor. Von dem Gesamtbruttobetrag nahm sie – steuerrechtlich richtig – Abzüge vor, die in dieser Höhe nicht entstanden wären, wären die Gehälter jeweils monatlich ausgezahlt worden. Der Kläger fordert von der Beklagten Ersatz dieser steuerlichen Mehrbelastung.
Der Kläger hat beantragt,
1.)
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.227,65 DM netto nebst 4% Zinsen seit Klage zu Stellung zu zahlen;
2.)
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entsteht, daß die Lohn- und Gehaltsansprüche für den Zeitraum vom 06.10.1994 bis 31.01.1996 in einer Summe erst im Februar 1996 gezahlt wurden, statt monatlich in dem zuvor genannten Zeitraum.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und einen Ersatzanspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bestritten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter, wobei er den Zahlungsantrag auf 10.467,87 DM reduziert und den Feststellungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt. Zum Anspruchsgrund macht er Rechtsausführungen, zur Höhe beruft er sich auf den Steuerbescheid des Finanzamtes für 1996 vom 25.08.1997 (Bl. 161) und eine Gegenüberstellung der Steuerlast mit der bei zeitgerechter Zahlung hypothetisch angefallenen (Bl. 163 bis 164).
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.467,87 DM nebst 4% Zinsen seit Zustellung zu zahlen;
- der Beklagten hinsichtlich des in der Hauptsache erledigten Klageantrags zu 2.) die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und widerspricht der Erledigungserklärung des Klägers. Sie beruft sich auf ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 06.05.1996 (10 Sa 314/95), wonach ein Arbeitgeber mit der Vergütungszahlung so lange nicht in Schuldnerverzug gerät, wie er eine von ihm ausgesprochene, vertretbar für wirksam gehaltene außerordentliche Kündigung im Prozeß verteidigt. Vorsorglich bestreitet die Beklagte erneut die Höhe des Klageanspruchs. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in II. Instanz zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hatte in der Sache keinen Erfolg:
I.
Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage zu Recht abgewiesen; sie ist unbegründet, und das nicht nur „zur Zeit”: Für die Klage fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
1.
Insbesondere können die vom Kläger geforderten Beträge nicht – wie es der Kläger tut – als Erfüllungsansprüche nach § 615 S. 1 BGB geltend gemacht werden: Die Beklagte schuldet wie jeder Arbeitgeber, der keine Nettolohnvereinbarung getroffen hat, die vereinbarte Vergütung nur brutto – d. h. unter Abzug der richtig berechneten öffentlichen Abgaben und deren Abführung. Der Kläger behauptet keine falsche Berechnung und bestreitet auch nicht die korrekte Abführung. Der Weitervergütungsanspruch (= Lohnanspruch aus Annahmeverzug über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus) erh...