Entscheidungsstichwort (Thema)

verhaltensbedingte Kündigung. Arbeitsverweigerung. Interessenabwägung. Kinderpflegerin

 

Leitsatz (amtlich)

Lehnt eine als sog. Zweitkraft in einem Kindergarten tätige Kinderpflegerin Anweisungen sowohl ihrer Gruppenleiterin als auch der Kindergartenleiterin mit der Begründung ab, diese entsprächen nicht ihrem persönlichen pädagogischen Konzept, so stellt dieses Verhalten bei Vorliegen einer einschlägigen Abmahnung eine zur Kündigung berechtigende Arbeitsverweigerung dar.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.07.2005; Aktenzeichen 5 Ca 12556/04)

 

Tenor

1. Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.07.2005 – 5 Ca 12556/04 – werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung haben die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu ¼ zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten arbeitgeberseitigen Kündigung und über die Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung der Klägerin. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.07.2005 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung vom 08.12.2004 erst zum 31.03.2005 sein Ende gefunden hat und hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 493,26 EUR netto zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Gegen dieses der Klägerin am 19.08.2005 und der Beklagten am 22.08.2005 zugestellte Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihre am 19.09.2005 eingelegte Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18.11.2005 begründet, die Beklagte ihre am 22.09.2005 eingelegte Berufung am 21.10.2005.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit die fristlose Kündigung für unwirksam erachtet worden ist. Sie hält darüber hinaus aber auch weiterhin eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Sie weist darauf hin, dass sie „nur” Kinderpflegerin sei und als teilzeitbeschäftigte Zweitkraft gearbeitet habe. Im Umgang mit dem verhaltensauffälligen Kind habe sie sich überfordert gefühlt. Auch handele es sich bei dem unstreitigen Vorfall vom 29.11.2004 um den einzigen Fall eines möglichen Fehlverhaltens in vier Jahren. Die Klägerin meint, es sei jedenfalls eine nochmalige vorherige Abmahnung erforderlich gewesen, denn man müsse dem Arbeitnehmer immer eine Chance geben, zu vertragstreuem Verhalten zurückzufinden.

Mit einem weiteren, am Tag vor der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz rügt die Klägerin, dass sie von der Beklagten nicht am pädagogischen Konzept beteiligt worden sei. Am 29.11.2004 sei es auch nicht nur darum gegangen, einen „Störenfried” zu beaufsichtigen. Dies hätte ohne weiteres auch die Praktikantin tun können. Es sei auch überhaupt nicht in Frage gekommen, ein aus damaliger Sicht der Klägerin nicht normales Kind zu betreuen. Hierzu habe sie sicherlich nicht die notwendige Ausbildung gehabt. Im Übrigen nimmt die Klägerin erstmals zu den weiteren beklagtenseits gerügten Vertragsverstößen aus der Vergangenheit Stellung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 5 Ca 12556/04 – vom 08.07.2005 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 08.12.2004 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.07.2005 – 5 Ca 12556/04 – abzuändern und unter Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 493,26 EUR netto an die Klägerin die Klage im Übrigen abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte sieht in dem Verhalten der Klägerin am 29.11.2004 weiterhin eine beharrliche Arbeitsverweigerung und hält die fristlose Kündigung für rechtswirksam. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie nicht willens sei, die ihr obliegende Pflicht zur Beaufsichtigung der Kinder gewissenhaft zu erfüllen. Eine Kinderpflegerin, die Kinder unbeaufsichtigt lasse, sei – erst recht nach einer einschlägigen Abmahnung – in einer Kindertagesstätte nicht tragbar. Auch habe es entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts vor Ausspruch einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht noch einmal einer weiteren Abmahnung bedurft. Eine solche Abmahnung sei nämlich entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer erkennbar nicht gewillt sei, sich vertragsgerecht zu verhalten. Genau dies sei bei der Klägerin der Fall. Sie nehme nämlich für sich in Anspruch, die pädagogische Leitung ausüben zu können und kritisiere das pädagogische Konzept der Gruppenleiterin Frau S. Schließlich habe sie sich sogar der Leiterin des Kindergartens widersetzt und deren Weisungen nicht ausgeführt, weil sie ihr eigenes „pädagogisches Konzept” für tragfähiger erachtet habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien einge...

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