Entscheidungsstichwort (Thema)
Karenzentschädigung. Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
1. § 613 a BGB findet nur auf die zur Zeit des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse Anwendung.
2. Wettbewerbsabreden bzw. Karenzentschädigungsansprüche von Arbeitnehmern, die vor Betriebsübergang ausscheiden, gehen nicht auf den Betriebserwerber über.
3. Die Interessen des betroffenen Mitarbeiters, des Betriebsveräußerers und –erwerbers gebieten es nicht, von einer planwidrigen, durch Analogie aufzufüllenden Regelungslücke auszugehen.
Normenkette
BGB § 613a; HGB §§ 74a, 75a
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 25.02.2011; Aktenzeichen 5 Ca 3562/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 25.02.2011 – 5 Ca 3562/10 d – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Vorliegen eines Betriebsübergangs auf die Beklagte und die hieraus vom Kläger abgeleitete Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Karenzentschädigung.
Der Kläger war vom 01.08.2005 bis zum 30.06.2008 bei der A. K. G. & C. K. als Leiter der Sparte Tecno/Weave beschäftigt.
Der Kläger und die A. K. G. & C. K. schlossen unter dem 16. bzw. 17.03.2005 eine Wettbewerbsvereinbarung/Verschwiegenheitsverpflichtung, die unter § 3 eine Karenzentschädigung folgendermaßen regelte:
3.1
A. verpflichtet sich, dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von Herrn Dipl.-Ing. K als Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Nicht zu den vertragsgemäßen Leistungen zählen gezahlte Unkostenersatzbeiträge, Krankenversicherungszuschüsse, erfolgsabhängige Prämien und Vergütungen für frei oder gebundene Arbeitnehmererfindungen.
3.2
Die Karenzentschädigung wird am Schluss eines jeden Monats fällig.
Wettbewerbsvereinbarung/Verschwiegenheitsverpflichtung (Anhang zum Dienstvertrag A. ./. Dipl.-Ing. O. K.).
3.3.
Auf die Karenzentschädigung wird alles angerechnet, was der Mitarbeiter durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Hinzurechnung dieses Betrages den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als 10 % übersteigen würde. Ist der Arbeitnehmer durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seien Wohnsitz zu verlegen, so tritt anstelle des Betrages von 10 % der Betrag von 25 %.
3.4
Der Mitarbeiter verpflichtet sich, während der Dauer des Wettbewerbsverbots unaufgefordert und unverzüglich jeweils als Schluss eines Kalendervierteljahres Auskunft über die Höhe seiner Bezüge zu geben und die Anschrift seines jeweiligen Arbeitgebers und/oder Tätigkeit und Sitz eines selbstständigen Betriebes mitzuteilen. Er ist vor Auszahlung der Karenzentschädigung verpflichtet, seine Lohnsteuerkarte vorzulegen.
Ab dem 01.07.2008 schloss der Kläger ein neues Arbeitsverhältnis bei der Firma T. D. ab.
Am 01.09.2008 wurde über das Vermögen der A. K. G. & C. K. das Insolvenzverfahren eröffnet. Zuvor hatte die A. K. G. & C. K. mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters unter dem 15.08.2008 einen Interessenausgleich über die Schließung des Betriebes der A. K. G. & C. K. und die Kündigung sämtlicher Arbeitsverhältnisse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen. Bis auf zwei Mitarbeiter beendeten sämtliche der vormals etwa 450 Arbeitnehmer der A. K. G. & C. K. ihr Arbeitsverhältnis zum 31.08.2008 und wechselten in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft. Mit Kaufvertrag vom 19.09.2008 erwarb die Beklagte einzelne Betriebsmittel der Gemeinschuldnerin (A. K. G. & C. K.) und stellte Anfang Oktober 2008 ca. 170 Arbeitnehmer ein, mit denen sie die Produktion unter Einsatz einiger bereits von der A. K. G. & C. K. geleaster und betriebener Maschinen aufnahm.
Mit Schreiben vom 26.06.2010 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Zahlung einer Karenzentschädigung für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis 31.12.2009 geltend.
Der Kläger hat gemeint, es habe ein Betriebsübergang zum 01.08.2008 von der A. K. G. & C. K. auf die Beklagte stattgefunden, da die Beklagte wesentliche Vermögenswerte einschließlich der Sparte Tecno/Weave, in der der Kläger tätig gewesen sei, übernommen habe. Die Tätigkeit der Beklagten werde in den ehemaligen Verwaltungs- und Produktionsgebäuden der A. K. G. & C. K. in D. fortgeführt. Aus der Verwaltung seien zahlreiche Arbeitnehmer übernommen. Dies gelte auch für die Produktionsmaschinen der A. K. G. & C. K. und gleichfalls für die von der Beklagten weiter genutzten Markennamen P., T./W. etc. Der Interessenausgleich vom 15.08.2008 stehe dem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht entgegen; auf Seite 4 und Seite 5 oben des Interessenausgleichs seien Hinweise auf das Vorhandensein von Übernahmeinteressenten erfolgt, die einem ernsthaften und endgültigen Beschluss zur Betriebsstilllegung entgegenstünden. Der Umstand, dass der ...