Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit (Pharmareferentin)
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber hat dem Wunsch nach Reduzierung der Arbeitszeit während der Elternzeit zu entsprechen, wenn es fachlich geeigneten Bewerber gibt, die bereit sind, in dem sich durch die Arbeitszeitreduzierung der Arbeitnehmerin ergebenden Umfang zu arbeiten und es infolge Einstellung einer Teilersatzkraft auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen bei der Betreuung der Kunden im Verkaufsgebiet der Arbeitnehmerin kommt.
Normenkette
TzBfG § 81 Abs. 1-2, 4, 7
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 20.12.2011; Aktenzeichen 5 Ca 1536/11) |
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 20.12.2011 - 5 Ca 1536/11 - wird kostenpflichtig mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 2) des erstinstanzlichen Urteils wie folgt lautet:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Klageantrag zu 1) mit einer auf 20 Wochenstunden reduzierten Arbeitszeit, und zwar dienstags bis freitags in der Zeit von 08:30 Uhr bis 13:30 Uhr, zu beschäftigen.
2.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin nach ihrer Elternzeit Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit hat.
Die Klägerin, geboren am 1970, verheiratet, 2 Kinder, ist seit dem 1. November 1991 bei der Beklagten, einem Pharmaunternehmen, als Pharmareferentin im Außendienst mit einem Home-Office an ihrem Wohnort in S . A beschäftigt.
Die Beklagte beschäftigt weltweit etwa 4900 Mitarbeiter/innen, davon in D 2100 mit knapp 200 Außendienstmitarbeiter/innen.
Die Beklagte strukturierte zum 1. Januar 2010 den Außendienst bundesweit neu und teilte ihn in 3 gleichberechtigte Linien auf. Zu den Aufgaben der Klägerin als Mitarbeiterin der Linie 1 gehört es, 174 von der Beklagten ausgewählte Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten über die von der Beklagten angebotenen Produkte zu beraten. Bundesweit sind insgesamt 130 Mitarbeiter/innen mit einer solchen Aufgabe befasst, wobei die Größe des Gebiets von der Kundendichte abhängt. Weitere 51 Außendienstmitarbeiter/innen, die der Linie 2 zugeordnet sind, besuchen Spezialisten, Kliniken und Ambulanzen, und weitere 10 Außendienstmitarbeiter/innen große Kliniken und Ambulanzen.
Die Beklagte stellt ihren Außendienstmitarbeiter/innen die für die Arbeitsleistung notwendige Infrastruktur zur Verfügung, darunter bei Nichtbenutzung des privaten Personenkraftwagens auch einen Dienstwagen, und zahlt monatlich eine Arbeitsraumpauschale. Sie schult ihre Außendienstmitarbeiter/innen in Trainings und Tagungen und auch durch E-Learnings, wobei deren jährlicher zeitlicher Umfang zwischen den Parteien streitig ist.
Die Klägerin gebar ihr erstes Kind am 2005. Nach Beendigung des Mutterschutzes am 1. November 2005 arbeitete die Klägerin bei der Beklagten bis zum 31. Oktober 2006 in Teilzeit und sodann wieder in Vollzeit.
Nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 2008 nahm die Klägerin Elternzeit bis zum 31. Juli 2011 in Anspruch. Während dieses Zeitraums wurde sie vom 23. August 2010 bis einschließlich 31. Juli 2011 von der Beklagten in Teilzeit mit 20 Stunden pro Woche gegen ein Entgelt in Höhe von monatlich EUR 2.216,00 brutto einschließlich einer übertariflichen Zulage beschäftigt.
Mit Schreiben vom 22. März 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, sie über das Ende ihrer Elternzeit hinaus weiterhin mit 20 Stunden pro Woche, aufgeteilt auf 4 Arbeitstage, und zwar dienstags bis freitags von jeweils 8.30 Uhr bis 13.30 Uhr, zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 8. Juni 2011 lehnte dies die Beklagte unter Hinweis auf entgegenstehende betriebliche Gründe ab.
Mit der vorliegenden Klage, die am 30. Juni 2011 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangen ist, verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Teilzeitbegehren mit der von ihr gewünschten Lage der Arbeitszeit.
Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten vorgetragenen betrieblichen Gründe stünden ihrer Teilzeitbeschäftigung nicht entgegen. Es fehle bereits an einem schlüssigen entgegenstehenden Organisationskonzept der Beklagten.
Sie habe in dem ihr ab dem 1. Oktober 2010 zugewiesenen Gebiet, das ihr zu 90 % nicht bekannt gewesen sei, erfolgreicher als einige vollzeitbeschäftigte Pharmareferenten das zum 1. Oktober 2010 neu eingeführte Medikament "P " beworben. Die anderen - alle in Vollzeit - beschäftigten Pharmareferenten hätten dagegen zu diesem Zeitpunkt bereits seit 9 Monaten in ihrem jeweiligen neuen Verkaufsgebiet gearbeitet und Kundenkontakte aufbauen können. Sie verweist darauf, dass sie als einzige Teilzeitbeschäftigte in einem sog. Performance Manager über den Erfolg bei der Vermarktung des Medikaments durch die für die Beklagten tätigen Pharmareferenten bei 130 Rangstellen immerhin die Ränge 112/115/120 in bestimmten Zeiträumen erreicht habe. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass u. a. für sie als Außendienst...