Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall und an Feiertagen
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall zur Berechnung von Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei stark schwankenden Einkünften aus erdienten Provisionen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Urlaubsentgelt eines auf Provisionsbasis vergüteten Arbeitnehmers berechnet sich gem. § 1 BUrlG nach dem Durchschnittsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn (§ 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG). In die Berechnung der Vergütung sind auch Provisionen einzubeziehen, die ein Arbeitnehmer für die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften des Arbeitgebers vertragsgemäß erhält.
Dass während des Urlaubs weiterhin Provisionen fällig werden, führt nicht zu einer unzulässigen Doppelzahlung.
2. Dies gilt auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit der Maßgabe, das der Referenzzeitraum 12 Monate beträgt.
Normenkette
BUrlG § 11; EFZG § 4; BGB §§ 611, 611a Abs. 2; BUrlG § 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 23.02.2018; Aktenzeichen 1 Ca 3925/17) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.02.2018 – 1 Ca 3925/17 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41.224,28 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2017 zu zahlen.
- Die Beklagte wird des Weiteren verurteilt an den Kläger an Prozesszinsen für die Zeit bis zum 20.10.2017 einen Betrag in Höhe von 3.095,08 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits hat zu 1/10 der Kläger zu tragen und zu 9/10 die Beklagte.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von durchschnittlichen Provisionen an Krankheits-, Urlaubs- und Feiertagen aus einem beendeten Arbeitsverhältnis und damit insbesondere über die Rechtsfrage, ob während dieser Abwesenheitszeiten fiktive Provisionen zu zahlen sind.
Der Kläger war bei Klageerhebung 61 Jahre alt. Er war in der Zeit vom 01.12.2011 bis zum 28.02.2017 bei der Beklagten als Vertriebsrepräsentant im Außendienst beschäftigt. Die Beklagte betreibt einen Fachhandel für Bürobedarf.
Vertraglich ist zwischen den Parteien ein monatliches Festgehalt in Höhe von 700,00 EUR vereinbart worden zuzüglich abzurechnender Provisionen. Hierzu heißt es in § 8 der Arbeitsvertragsurkunde:
„…
3. Provisionsregelung für 2011/2012:
Herr C erhält auf den Rohertrag der selbst erzielten Verkäufe eine Provision von 35 %. Die Rohertragsermittlung erfolgt nach dem bei D W üblichen Schema. …
…
5. Für die ersten beiden Monate nach Arbeitsbeginn werden 2000,00 EUR Fixprovision bezahlt.
6. Ab dem 3. Monat kann Herr C sich monatlich 2.000,00 EUR brutto auf die zu erwartenden Provisionen als Vorschuss auszahlen lassen. Dieser Vorschuss darf maximal 6.000,00 EUR brutto nicht überschreiten.
Die Verprovisionierung erfolgte durch Auszahlung von monatlichen Festprovisionen in erfolgsabhängiger unterschiedlicher Höhe sowie durch Abrechnung eines eventuell noch weiter bestehenden Provisionsguthabens zum Jahresende.
In der vom Arbeitsvertrag einbezogenen Anlage 1 zum Arbeitsvertrag (Bl. 15 d.A.) heißt es auszugsweise:
„…
6. Das Produktionsschema und Produktzuständigkeiten ergeben sich aus der jeweils für das Jahr festgelegten Provisionssystematik des Arbeitgebers.
7. …
8. Die Zahlung/Rückbelastung der Provision erfolgt für den Monat, in dem das Gerät fakturiert bzw. gutgeschrieben, bzw. Forderungen ausgebucht wurden. Als Abrechnungsmonat für Provisionen gilt der Monat, der dem Monat der Gehaltszahlung vorausgeht (z.B. Gehaltsmonat Februar / Provisionsmonat Januar).
9. Der Provisionsanspruch ist jedoch erst dann gegeben, wenn der Kunde gezahlt hat. Insofern kann eine anteilige Rückbelastung erfolgen, wenn der Kunde auch später seine Zahlung einstellt.
…“
Diesen vorgenannten Regelungen folgend wurden die vom Kläger veranlassten Geschäfte verprovisioniert. Aus den Jahresprovisionsabrechnungen (Anlage K 3 ff, Bl. 18 ff d.A.) ergeben sich die Beträge der im jeweiligen Jahr verdienten Provisionen, die Beträge der tatsächlich gezahlten Provisionsvorschüsse sowie die Differenz aus beiden Positionen, die sich in den Abrechnungen in der Zeile „Spardose gesamt“ findet. Wird beispielhaft das Jahr 2014 betrachtet (Anlage K4, Bl. 19 d.A.) sind wie folgt Provisionsansprüche entstanden:
Februar |
25.851,72 EUR |
Juni |
3.017,30 EUR |
August |
99,66 EUR |
September 3. |
122,05 EUR |
Oktober |
6.549,64 EUR |
Insgesamt |
39.460,37 EUR |
Dem gegenüber sind die folgenden Beträge als Provisionsvorschüsse geflossen:
Januar |
0 EUR |
Februar |
4.700,00 EUR |
März |
4.700,00 EUR |
April 5. |
100,00 EUR |
Mai |
4.800,00 EUR |
Juni |
4.800,00 EUR |
Juli |
4.769,02 EUR |
August |
3.000,00 EUR |
September |
3.800,00 EUR |
Oktober |
5.000,00 EUR |
November |
0 EUR |
Dezember |
4.000,00 EUR |
Insgesamt |
44.669,02 EUR |
Die Differenz, nämlich ein Negativsaldo zu Lasten des Klägers in Höhe von 5.209,00 EUR, findet sich auf der Provisionsabrechnung in der Zeile...