Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeit. Vertragslaufzeit. Kostenbelastung. Ermessensausübung. Luftsicherheitsgebähr
Leitsatz (amtlich)
1.) Durch einen Altersteilzeitvertrag mit einer Vertragslaufzeit von mehr als sechs Jahren werden wegen der eingeschränkten Refinanzierbarkeit besondere Kosten verursacht, die über das nach dem gesetzlichen und tarifvertraglichen Leitbild übliche Maß der typischen Aufwendungen für Altersteilzeit hinausgehen. Diese Mehrbelastung kann im Rahmen der nach § 2 Abs. 1 TV ATZ notwendigen Ermessensausübung als sachlicher Grund für die Versagung des Wunsches nach einem Altersteilzeitvertrag angeführt werden.
2.) Der im Bereich der Fluggastkontrolle am Flughafen tätige öffentliche Arbeitgeber kann nicht darauf verwiesen werden, er könne die entstehenden Mehrkosten durch Erhöhung der Luftsicherheitsgebühr wieder hereinholen.
Normenkette
TV ATZ § 2; TV ATZ § 5; ATZG § 4; LuftVG § 32
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 10.06.2010; Aktenzeichen 8 Ca 5400/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.06.2010 in Sachen 8 Ca 5400/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über ein Begehren der Klägerin, ihr Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis umzuwandeln.
Die Klägerin wurde am 11. September 1953 geboren und steht seit dem 01.04.2000 in einem Arbeitsverhältnis zur B. D.. Die Klägerin ist im Bereich der B S A beschäftigt und wird als Fluggastkontrollkraft am Flughafen K / eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet u. a. der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 Anwendung.
Mit Schreiben vom 22.01.2009 (Bl. 5 d. A.) beantragte die Klägerin, ihr Arbeitsverhältnis beginnend ab dem 01.06.2009 in ein Altersteilzeitverhältnis im Blockmodell umzuwandeln. Dabei sollte die Zeit vom 01.06.2009 bis 31.12.2012 als Arbeitsphase und die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.07.2016 als Freistellungsphase durchgeführt werden. Mit Schreiben vom 04.02.2009 (Bl. 6 d. A.) lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie verwies dabei u. a. auf einen Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 28.02.2006 (Bl. 24 ff. d. A.). Auf den Inhalt dieses Erlasses sowie auf weitere Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern an die obersten Bundesbehörden vom 30.03.2005 (Bl. 20 f. d. A.), vom 22.11.2005 (Bl. 22 f. d. A.) und vom 08.03.2006 (Bl. 27 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
Mit der vorliegenden, am 22. Mai 2009 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, wobei sie nunmehr hilfsweise beantragt, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.06.2009 in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach dem Gleichverteilungsmodell umzuwandeln.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die B könne sich bei der Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung von Altersteilzeit nicht auf die abstrakten Vorgaben des Erlasses des Bundesinnenministeriums vom 28.02.2006 berufen. Sie, die Klägerin, habe nach § 2 Abs. 1 TV ATZ einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung. Die sachgerechte Ausübung von Ermessen erfordere eine Abwägung der beiderseitigen Interessen im konkreten Einzelfall. Die B habe sich darauf beschränkt, die Vorgaben des Erlasses des BMI umzusetzen, und infolgedessen ihr Ermessen im Einzelfall gar nicht ausgeübt. Schon deshalb sei ihrem Antrag auf Bewilligung von Altersteilzeit stattzugeben.
Weiter hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Beklagte könne die begehrte Altersteilzeit nicht unter Hinweis auf solche ihr entstehende Kosten ablehnen, die durch die Aufstockung des Altersteilzeitentgeltes nach § 5 Abs. 2 TV ATZ auf 83 % und die Abführung zusätzlicher Rentenversicherungsbeiträge entstünden. Diese tarifvertraglich vorgesehenen und einkalkulierten Kosten und Leistungen seien der tarifvertraglich eingeführten Altersteilzeit immanent. Diese Leistungen und Kosten zum Anlass zu nehmen, keine Altersteilzeit mehr zu gewähren, laufe auf eine Abschaffung des Tarifvertrages hinaus.
Schließlich hat die Klägerin die Ansicht vertreten, eine Bewilligung von Altersteilzeit ihr gegenüber bleibe für die Beklagte letztlich kostenneutral; denn die Beklagte könne die Mehrkosten auf die sog. Luftsicherheitsgebühr umlegen. Insofern falle auch eine etwaige Wiederbesetzung ihrer Stelle nach ihrem Ausscheiden kostenneutral aus, da ihre Aufgaben dann privaten Sicherheitsunternehmen übertragen würden und die dadurch entstehenden Kosten wiederum in die Luftsicherheitsgebühr einzurechnen seien.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, das Arbeitsverhältnis der Klägerin in ein Altersteilzeitverhältnis umzuwandeln, und zwar in einem Blockmodell in der Form, dass eine Arbeitsphase und eine Freistellungsphase bis zum Rentenbeginn ab dem 01.08.2016 erfolgen;
hilfsweise:
die Beklagte zu verurteilen, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.06.2009 in die sog. kontinuierliche Altersteilzeit (auch Gleichverteilungsmodell genannt) umzuwandeln.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage a...