Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Urteil vom 21.09.1995; Aktenzeichen 4 Ca 1600/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.11.1997; Aktenzeichen 7 AZR 422/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 21.9.95 – 4 Ca 1600/94 – teilweise abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 6.517,65 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 23.6.94 zu zahlen.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin zu 1/7, die Beklagte zu 6/7.

Die Kosten der Säumnis vom 4.7.94 trägt die Beklagte.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte nach § 3 des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung vom 15.3.1994 der metallverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalen zum Abschluß eines Arbeitsvertrages mit der Klägerin verpflichtet war und damit zusammenhängende Zahlungsansprüche (entgangene Arbeitsvergütung und Urlaubsabgeltung).

Die am 20.10.1967 geborene Klägerin war seit September 1991 bei der Beklagten in deren Betrieb G. als Auszubildende für den Beruf der Werkzeugmacherin beschäftigt. Das Berufsausbildungsverhältnis endete am 7.6.1994.

Beide Parteien sind tarifgebunden, so daß für sie auch der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 15.3.1994 galt, dessen § 3 („Übernahme von Auszubildenden”) lautet:

  1. Auszubildende werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens 6 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.
  2. Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der Verpflichtung nach Absatz 1 abgewichen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist, oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.

Unter dem 9.5.1994 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie nach Beendigung der Ausbildung nicht übernommen werden könne. Mit Schreiben vom 30.5.1994 informierte die Beklagte den Betriebsrat in Gummersbach darüber, daß der Klägerin eine auch nur befristete Weiterbeschäftigung nicht angeboten werden könne. In diesem Schreiben heißt es unter anderem:

Anhand der vorliegenden Zahlen (siehe Anlage) können Sie erkennen, daß Gebrüder M. G. schon seit Jahren sowohl im kaufmännischen als auch im gewerblichen Bereich über den Eigenbedarf hinaus ausbildet. Dies läßt sich auch daraus erkennen, daß von den in den vergangenen Jahren eingestellten 50 Auszubildenden lediglich 19 (zunächst befristet) übernommen werden konnten und außerdem die Übernahmequote auch noch rückläufig ist.

Zur Zeit ist bei uns kein freier Arbeitsplatz verfügbar, der für Ausbildungsabsolventen in Frage käme und ihnen angeboten werden könnte.

Der Betriebsrat stimmte der Nichtübernahme der Klägerin nicht zu (Schreiben vom 9.6.1994, Bl. 30 d.A.). Daraufhin beantragte die Beklagte beim Arbeitsgericht die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung; dies letztlich erfolglos. Sowohl Arbeitsgericht wie Landesarbeitsgericht vertraten die Auffassung, für ein derartiges Verfahren bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, nachdem die Klägerin ihrerseits das nach ihrer Auffassung bestehe Arbeitsverhältnis zum 31.7.1994 gekündigt hatte und dieser Termin (31.7.1994) nunmehr verstrichen sei.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin erstinstanzlich die Ansicht vertreten, daß die Beklagte sie nach § 3 des Tarifvertrages Beschäftigungssicherung Metall NW in ein Arbeitsverhältnis habe übernehmen müssen. Ein die Nichtübernahme rechtfertigender Ausnahmetatbestand liege nicht vor. Insbesondere fehle es an der Zustimmung des Betriebsrates zur Nichtübernahme und daran, daß die Beklagte über ihren Bedarf hinaus ausgebildet habe.

Die Klägerin hat weiterhin Arbeitsvergütung und Urlaubsabgeltung für die Zeit 8.6.–31.7.1994 nach Lohngruppe VII mit insgesamt DM 6.517,65 brutto verlangt.

Am 4.7.1994 ist gegen die Beklagte Versäumnisurteil ergangen, gegen das sie rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Klägerin vom 8.6.1994 bis zum 31.7.1994 als Werkzeugmacherin bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis stand;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 6.517,65 brutto nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen und das Versäumnisurteil vom 4.7.1994 entsprechend aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Aufhebung des Versäumnisurteils und Klageabweisung.

Die Beklagte hat eingewandt, § 3 des Tarifvertrages Beschäftigungssicherung sei unwirksam wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 TVG. Ein Kontrahierungszwang, wie diese tarifvertragliche Bestimmung ihn begründe, sei durch § 1 Abs. 1 TVG nicht mehr gedeckt. Die Tarifnorm verstoße auch gegen §§ 4, 13 AFG, da die Tarifvertragsparteien in die Rolle von Arbeitsvermittlern versetzt seien, der Bundesanstalt für Arbeit aber insoweit ein ...

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