Entscheidungsstichwort (Thema)
Chefarzt. Oberarzt. Poolbeteiligung
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch eines nachgeordneten Arztes auf Beteiligung an den Privatliquidationseinnahmen des Chefarztes kann sich im Einzelfall aus einem infolge praktischer Übung stillschweigend zustande gekommenen Vertrag ergeben.
Normenkette
BGB §§ 151, 328
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 27.05.2010; Aktenzeichen 4 Ca 10423/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.05.2010 – 4 Ca 10423/08 – insoweit abgeändert, als die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen wird.
2. Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/9 und der Beklagte zu 1) zu 8/9. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) im Berufungsverfahren werden allein dem Kläger auferlegt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Beteiligung des Klägers an den Privat-Liquidationseinnahmen des Beklagten zu 1), der bis zum 31.07.2009 Chefarzt der Abteilung für Anästhesie- und Intensivmedizin in dem Krankenhaus der Beklagten zu 2) war.
Der Kläger, der leitender Oberarzt und Stellvertreter des Chefarztes ist, erhielt mit den Gehaltsabrechnungen der Beklagten zu 2) seit 2002 regelmäßig gleichbleibende Zahlungen in Höhe von 1025,00 Euro brutto pro Monat aus der sogenannten Poolbeteiligung, bis diese auf Grund einer Entscheidung des Beklagten zu 1) gemäß Schreiben vom 16.11.2007 auf 500,00 Euro brutto/Monat ab dem 01.12.2007 gekürzt wurden. Der Chefarztvertrag bestimmt in § 13 unter der Überschrift „finanzielle Beteiligung der nachgeordneten Ärzte":
„(1) Die nachgeordneten Ärzte werden an der variablen Vergütung des Arztes für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§ 9 Absatz 2 des Vertrages) beteiligt.
(2) Der Arzt leistet hierzu eine Abgabe von 15 % seiner Bruttoliquidationseinnahmen. Bemessungsgrundlage sind die gesamten Bruttohonorareinnahmen ohne Abzug von Abgaben an das Krankenhaus und Zuwendungen an Hilfskräfte und ohne andere Kürzungen (zum Beispiel durch Aufrechnung oder durch Abzug von Bearbeitungs- und Einzugsvergütungen oder von Leistungen an Dritte). Für die Abrechnung des Abgabebetrages gilt § 12 entsprechend.
(3) Der Arzt und der Dienstvorgesetzte regeln einvernehmlich, in welchem Umfang und nach welchen Grundsätzen die nachgeordneten Ärzte beteiligt werden.”
Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Absatz 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der auf Zahlung der monatlichen Differenzen für die Zeit von Dezember 2007 bis März 2009 gerichteten Klage gegen die Beklagten als Gesamtschuldner stattgegeben und einen Auskunftsanspruch zur Anspruchsgrundlage abgewiesen. Wegen der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe wird auf Blatt 179 ff der Akten Bezug genommen.
Mit seiner Berufung wendet der Beklagte zu 1) ein, die Kürzung der Poolbeteiligung des Klägers entspreche billigem Ermessen, weil der Kläger sich im November 2007 geweigert habe, Privatpatienten zu behandeln.
Die Beklagte zu 2) macht mit ihrer Berufung ihre fehlende Passivlegitimation geltend. Sie sei lediglich Zahlstelle nach den schriftlichen Vorgaben des Beklagten zu 1) gewesen. Das sei ab 2002 beanstandungsfrei praktiziert worden. Eine eventuelle eigenständige Korrektur des vorgegebenen Verteilungsschlüssels sei nicht Bestandteil ihrer Treuhandstellung gewesen.
Der Beklagte zu 1) beantragt,
das Urteil des Arbeitsgericht Köln vom 27.05.2010 – 4 Ca 10423/08 – abzuändern und die Klage gegen ihn abzuweisen.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage gegen sie abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil aus Rechtsgründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufungen der Beklagten sind zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Absatz 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden sind (§§ 66 Absatz 1, 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II. In der Sache hat aber nur das Rechtsmittel der Beklagten zu 2) Erfolg, während das Rechtsmittel des Beklagten zu 1) unbegründet ist. Eine Mithaftung der Beklagten zu 2) für die vom Arbeitsgericht zutreffend zuerkannten Beteiligungsansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1) besteht nicht. Im Einzelnen gilt folgendes:
1. Der Beklagte zu 1) war in dem hier streitigen Zeitraum von Dezember 2007 bis März 2009 verpflichtet, an den Kläger einen Anteil an den Liquidationserlösen in Höhe von monatlich 1025,00 Euro brutto zu zahlen. Er schuldet ihm daher noch die eingeklagten Differenzen zu den tatsächlich abgerechneten und gezahlten Beträgen von 500,00 Euro brutto/monatlich.
Anspruchsgrundlage ist eine stillschweigend zustande gekommene Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) des Inhalt...