Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Verjährung. Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
Eine Abfindung, die dazu dienen soll, die Nachteile auszugleichen, die durch einen betriebsbedingten Arbeitspatzverlust verursacht werden, unterliegt auch dann der allgemeinen 30-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 a. F. BGB und nicht der kurzen Verjährung gemäß § 196 I Nr. 8 u. 9 BGB a. F., wenn sie nicht in einem Sozialplan, sondern per Gesamtzusage oder individuell versprochen wird.
Normenkette
BGB § 195 a.F.
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 11.12.2002; Aktenzeichen 12 Ca 10111/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.12.2002 in Sachen 12 Ca 10111/01 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen zur Konkurstabelle angemeldeten Abfindungsanspruch des Klägers.
Der am 22.04.1940 geborene Kläger war seit September 1982 bei der Firma J B KG beschäftigt. Er wurde zuletzt als Kraftfahrer eingesetzt und verdiente 4.191,45 DM brutto monatlich. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund einer ordentlichen fristgerechten betriebsbedingten arbeitgeberseitigen Kündigung vom 01.03.1995 mit Ablauf des 31.08.1995. Zusammen mit dem Kläger wurde auch den übrigen Arbeitnehmern der J B KG gekündigt. Am 02.05.1995 wurde über das Vermögen der J B KG (im folgenden „Gemeinschuldnerin” genannt) das Konkursverfahren eröffnet. Dieses war im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht abgeschlossen. Der Kläger hatte gegen die ihn betreffende Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhoben. Soweit andere Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin fristgerecht Kündigungsschutzklagen erhoben hatten, sind diese seit 1995 unterbrochen.
Der Kläger wurde im Mai 1995 vom Konkursgericht aufgefordert, etwaige Forderungen bis zum 21.06.1995 zur Konkurstabelle anzumelden. Der Kläger reagierte hierauf zunächst nicht.
Am 12.12.1997 verstarb der Kaufmann A B, der Inhaber der Gemeinschuldnerin.
Am 07.06.1999 beantragte der Kläger beim zuständigen Gericht die Feststellung einer Abfindungsforderung in Höhe von 104.775,00 DM zur Konkurstabelle. Am 14.09.1999 trug das Amtsgericht in die Konkurstabelle ein, dass die Forderung vom Konkursverwalter bestritte werde. Unter dem 16.10.2001 erhob der Kläger die vorliegende Klage.
Der Kläger hat behauptet, im Februar 1995 habe er gerade in der Werkstatt gearbeitet, als er mit anderen Kollegen zusammen von dem Kaufmann A B in den Aufenthaltsraum gebeten worden sei. Dort habe dieser ihnen gesagt, sie sollten sich im Hinblick auf die zu erwartenden Kündigungen keine Sorgen machen. Geld sei genug da. Die Firma zahle eine Abfindung in Höhe von zwei Bruttogehältern pro Beschäftigungsjahr.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Zusage des Inhabers der Gemeinschuldnerin könne nicht losgelöst von dem diesem damals möglicherweise schon bekannt gewesenen Umstand gesehen werden, dass ein Konkurs drohe. Der Inhaber der Gemeinschuldnerin sei wohl kurz vor Eröffnung des Konkursverfahrens noch davon ausgegangen, sein Unternehmen retten zu können. Jedenfalls sollten, ihm zufolge, noch ausreichend Vermögenswerte vorhanden sein, um die Arbeitnehmer, die im Rahmen der ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung das Unternehmen möglicherweise verlassen mussten, für die Zukunft finanziell abzufedern. In diesem Zusammenhang solle nicht unerwähnt bleiben, dass der Inhaber der Gemeinschuldnerin sich auch sonst stets großzügig geriert habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Forderung des Klägers in Höhe von 104.775,00 DM zur Konkurstabelle festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die behauptete Abfindungszusage bestritten und sich im übrigen darauf berufen, dass die Forderung gemäß § 196 Abs. 1 Ziffer 8 und 9 BGB a.F. der zweijährigen Verjährungsfrist unterliege und folglich verjährt sei.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Sch, D, T und Sch. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.12.2002 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11.12.2002 hat das Arbeitsgericht Köln der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Beklagten am 04.04.2003 zugestellt. Dieser hat hiergegen am 30.04.2003 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 04.07.2003 – am 16.06.2003 begründet.
Der Beklagte beanstandet, dass das Arbeitsgericht eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen habe. Zwar sei es zutreffend, dass sämtliche Zeugen übereinstimmend eine Abfindungszusage in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr bekundet hätten. Auffallend sei jedoch, dass sich die Bekundungen der Zeugen im wesentlichen auf diese „Kernaussage” beschränkt habe. An nähere Umstände und den genauen Inhalt der Zusage habe sich kein Zeuge erinnern können. Nicht ausreichend gewürdigt worden sei auch d...