Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheinarbeitsverhältnis aus Versorgungsgründen. Darlegungs- und Beweislast für Scheingeschäft. Darlegungs- und Beweislast für betriebsbedingte Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Das Vorbringen der Arbeitgeberin zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist ohne hinreichende Substanz und zudem widersprüchlich.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2; BGB § 117 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 30.10.2012; Aktenzeichen 5 Ca 1421/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 30.10.2012 - 5 Ca 1421/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses und die Pflicht zur Weiterbeschäftigung.
Die Klägerin war seit dem Juni 2005 bei der Firma S GmbH & Co. Fenstertechnologie KG als Teilzeitkraft auf der Grundlage des Schreibens vom 14.06.2005 (Bl. 52 ff. d.A.) angestellt. Mehrheitsgesellschafter war zum damaligen Zeitpunkt ihr Schwiegervater, Geschäftsführer ihr Ehemann. Im Auftrag der genannten Firma erteilte deren kaufmännischer Leiter der Klägerin unter dem 14.02.1012 ein Zwischenzeugnis, welches u.a. das Aufgabengebiet der Klägerin näher beschreibt. Wegen der Einzelheiten des Zwischenzeugnisses wird auf Bl. 67 f. d.A. Bezug genommen. Die Arbeitsverhältnisse der Gesellschaft gingen aufgrund des Unternehmenskaufvertrags vom 16.01.2012 Ende Februar 2012 auf die Beklagte im Zuge eines Betriebsübergangs über. Die vereinbarte Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 28 Stunden die Woche.
Nachdem sich die Beklagte nach eigenem Vorbingen zur Reorganisation unter Berücksichtigung reduzierten Arbeitsvolumens entschlossen hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.04.2012 zum 30.06.2012.
Die hiergegen eingereichte Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Mit Urteil vom 30.12.2012 (Bl. 89 ff. d.A.) stellte das Arbeitsgericht die Sozialwidrigkeit der Kündigung fest und verurteilte die Beklagte zur Weiterbeschäftigung der Klägerin. Es führte im Wesentlichen aus, die Beklagte habe nicht hinreichend dargetan, dass die im Betrieb verbliebenen Aufgaben der Klägerin vom verbleibenden Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erbracht werden könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe, wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihr am 22.11.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.11.2012 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 31.01.2013 begründet.
Die Beklagte trägt vor, bei dem Anstellungsverhältnis der Klägerin habe es sich um ein Scheinarbeitsverhältnis aus Versorgungsgründen gehandelt. Dies zeige sich bereits an Form und Inhalt der Anstellungsdokumente und dem Inhalt der Personalakte. Eine kaufmännische Ausbildung werde bestritten. Eine Stabsstelle der Geschäftsführung für Projektaufgaben habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe sich vorrangig in einem geschätzten Umfang von 15 bis 20 Stunden die Woche im Betrieb aufgehalten, um Tätigkeiten für ihr eigenes Immobilienunternehmen zu erledigen. Etwa acht Stunden die Woche habe sie sich bei den Projektleitern und Projektmitarbeitern sehen lassen, ohne einen eigenen Projektbeitrag zu leisten. Sie habe keine festen Arbeitszeiten eingehalten, sondern sei gegangen und gekommen, wie es ihr beliebte. Ein Einsatz als Leiterin der Warenwirtschaft und des Qualitätsmanagements sei nie erfolgt. Die Klägerin habe sich selbst im Lagerbereich eingesetzt und einfache Verpackungstätigkeiten vorgespielt. Der Arbeitsplatz der Klägerin sei aufgrund der Umstrukturierung entfallen. Die Arbeitsauslastung im Unternehmen sei im ersten Quartal um ein Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Die Mitarbeiter hätten daher genügend Freiraum gehabt, um Tätigkeiten der Klägerin im organisatorischen und kaufmännischen Bereich zu übernehmen, sofern diese nicht von der Geschäftsführung übernommen worden seien.
Die Beklagte beantragt,
das am 30.10.2012 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg, Aktenzeichen 5 Ca 1421/12, aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen;
hilfsweise die Streitsache unter Aufhebung des am 30.10.2012 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg, Aktenzeichen 5 Ca 1421/12, zur erneuten Verhandlung und zur Beweisaufnahme an das Arbeitsgericht Siegburg zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie rechtfertigt ihre Anstellung unter Hinweis auf ihre Ausbildung als Bankfachwirtin und vorheriger fünfjähriger Tätigkeit im Qualitätsmanagement. Es habe Schwächen im Betrieb in Sachen Kommunikation und Teamarbeit gegeben. Sie habe die abteilungsübergreifende Kommunikation systematisiert u...