Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. betriebsbedingt. Erwerberkonzept
Leitsatz (amtlich)
Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach der unternehmerischen Entscheidung des Insolvenzverwalters, auf der Grundlage eines Erwerberkonzepts den Betrieb umzustrukturieren zur Vermeidung einer ansonsten notwendigen Betriebsstilllegung
Normenkette
BGB § 613a Abs. 4 S. 1; KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 09.03.2005; Aktenzeichen 12 (10) Ca 5934/04) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 9. März 2005 – 12 (10) Ca 5934/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung des Beklagten vom 11. Mai 2004 zum 30. September 2004 beendet worden ist oder ob es bis zum 31. Dezember 2004 fortbestanden hat.
Die Klägerin, geboren am 14. Januar 1969, war seit dem 1. Juli 1995 als Buchhalterin bei der Z in K (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt EUR 3.120,00 brutto zuzüglich vermögenswirksame Leistungen und Prämien beschäftigt. Die Gemeinschuldnerin betrieb eine Spedition, die sich auf den Transport und die Lagerung von Kunstgegenständen und Möbeln spezialisiert hatte. Zudem hatte sie eine kaufmännische Abteilung, die für beide Bereiche die kaufmännische Abwicklung (Personalwesen, Rechnungswesen, zentrale Dienste, Einkauf) betrieb. Bei der Gemeinschuldnerin waren über 80 Arbeitnehmer tätig.
Nachdem am 4. März 2004 das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war, bekundete die P Interesse daran, durch zwei Tochtergesellschaften jeweils einen der beiden Bereiche Möbeltransport und Kunsttransport in deutlich verkleinertem Umfang zu übernehmen. Sie erstellte unter dem 30. April 2004 ein Sanierungs- und Erwerberkonzept (Bl. 23 – 29 d.A.), wonach ihre Tochtergesellschaft C zum 1. Mai 2004 den Bereich Möbeltransport und die Tochtergesellschaft J zum 1. Juni 2004 den Bereich Kunsttransport übernehmen sollten. Zudem war darin vorgesehen, dass die kaufmännische Abteilung insgesamt geschlossen werden sollte, da die P die kaufmännische Abwicklung für ihre Tochtergesellschaften übernehmen wollte. Die in der kaufmännischen Abteilung beschäftigten Arbeitnehmer sollten zum nächstmöglichen Zeitpunkt betriebsbedingt gekündigt werden. Das Lager sollte von der J übernommen werden und danach als ausschließliches Kunstlager betrieben werden. Es sollten alle Lagerarbeiter bis auf einen entlassen werden.
Am 11. Mai 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2004, das der Klägerin am 27. Mai 2004 zuging, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2004. Durch Schreiben vom 27. August 2004 teilte er der Klägerin mit, in Abänderung der Kündigung vom 28. Mai 2004 werde das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2004 verlängert.
Mit der vorliegenden Klage, die am 14. Juni 2004 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, wendet sich die Klägerin gegen die ordentliche Kündigung vom 11. Mai 2004. Sie macht geltend, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt.
Gegen eine weitere vom Beklagten mit Schreiben vom 22. September 2004 zum 31. Dezember 2004 erklärte Kündigung wendet sich die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr.
Die Klägerin hat – soweit dies für das Berufungsverfahren noch von Interesse ist – beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 11. Mai 2004 nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, nur die P sei ernsthaft an einer Übernahme der beiden Betriebsbereiche interessiert gewesen. Aus dem Grunde habe er vor Ausspruch der Kündigung die Entscheidung getroffen, auf der Grundlage des von der P vorgelegten Erwerberkonzepts Personal abzubauen. Er habe damals davon ausgehen können, dass zum 1. Juni 2004 der Bereich Möbeltransport und zum 1. Juli 2004 der Bereich Kunsttransport übernommen würden. Eine Einigung über die Veräußerung des Bereichs Möbeltransport sei zu dem Zeitpunkt bereits erzielt gewesen. Die Verhandlungen über die Vertragsbedingungen hinsichtlich der Übernahme des Bereichs Kunsttransport hätten unmittelbar vor dem Abschluss gestanden. Nach dem Erwerberkonzept sei der Beschäftigungsbedarf für alle in der kaufmännischen Abteilung der Gemeinschuldnerin beschäftigten Arbeitnehmer und damit auch für die Klägerin entfallen. Eine soziale Auswahl sei nicht vorzunehmen gewesen.
Nachdem mit Wirkung zum 1. Juni 2004 der Bereich Möbeltransport auf eine Tochtergesellschaft der P übertragen worden sei, hätten die Kaufvertragsverhandlungen über die Übernahme des Bereichs Kunsttransport nicht wie geplant zum 1. Juli 2004 abgeschlossen wer...