Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerstatus. mißbräuchliche Geltendmachung (widersprüchliches Verhalten)
Leitsatz (amtlich)
Die Geltendmachung des Arbeitnehmerstatus gegenüber der Rundfunkanstalt kann wegen Rechtsmißbrauchs im Sinne widersprüchlichen Verhaltens erfolglos sein, wenn ein programmgestaltender Mitarbeiter (Redakteur), bei dem der Status einer freien Mitarbeit erkennbar dem tatsächlichen Geschäftswillen der Parteien entsprochen hat, also mangels persönlicher Abhängigkeit disponibel war, seit 10 oder 15 Jahren als freier Mitarbeiter mit Honorarverträgen beschäftigt wurde, anläßlich des ihn betreffenden Betriebsteilübergangs bei der Neuordnung der Rundfunkanstalten die Übernahme im Status des freien Mitarbeiters hingenommen hat, beim Bekanntwerden von Betriebseinschränkungen für seinen Tätigkeitsbereich (Schließung der Sprachenredaktion) anwaltlich vertreten nur den tarifvertraglichen Beschäftigungsanspruch und evtl. Abfindungsanspruch für arbeitnehmerähnliche Personen geltend gemacht, die daraufhin schließlich ausgezahlte Abfindung vereinnahmt und danach entgegen seiner wiederholten Androhung die Statusklage erst nach längerem Abwarten (6 Monate) erhoben hat, wobei das Abwarten wiederum auf eine Fortsetzung der freien Mitarbeit bei Zuordnung zu einer anderen Abteilung zielte (Anschluß und Weiterführung zu BAG vom 11.12.96 und LAG Köln vom 27.03.97 – 6 Sa 1144/96).
Normenkette
BGB §§ 242, 611
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 20.09.1996; Aktenzeichen 18 Ca 8405/95) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.1996 – 18 Ca 8405/95 abgeändert:
Die Klägerin wird – auch im Umfang der Anschlußberufung mit der Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, inzwischen 57 Jahre alt, ist Mitglied der IG-Medien und war seit 1982 mit journalistischen Tätigkeiten, zeitweise als Bonner Korrespondentin, für den schwedischen Sprachdienst des Deutschlandfunks zu den Bedingungen eines freien Mitarbeiters auf Honorarbasis beschäftigt. Sie fiel als solche unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen.
Mit der Überleitungsvereinbarung vom 27.04.1993 (Bl. 10 ff. d. A.) wurden im Rahmen der Neuordnung des staatlichen Hörfunks (Hörfunk-Überleitungs-Staatsvertrag) die Fremdsprachenredaktionen als Betriebsteil des Deutschlandfunks zum 01.07.1993 auf die Beklagte übergeleitet. Die Beklagte übernahm die dem Betriebsteil zugeordneten Arbeitsverhältnisse (§ 2 der Überleitungsvereinbarung) und verpflichtete sich, die Rechtsverhältnisse der arbeitnehmerähnlichen Personen in einem näher geregelten Umfang fortzusetzen (§ 3 a. a. O.).
Im Rahmen einer anschließenden Neuordnung im Hörfunkbereich stellte die Beklagte zum 31.12.1994 das schwedische Programm ein. Sie hatte zu diesem Zweck mit Schreiben vom 17.02.1994 (Bl. 25 d. A.) vorsorglich im Hinblick auf Ziffer 5.2 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen mitgeteilt, daß sie sich nicht mehr in der Lage sehe, die Klägerin nach dem 1. März 1995 als freie Mitarbeiterin im bisherigen Umfang zu beschäftigen.
Mit einem Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 10.01.1995 (Bl. 28 – 30 d. A.) rügte die Klägerin, daß ihr seit der Einstellung des schwedischen Sprachdienstes zum 31.12.1994 kein weiterer Auftrag erteilt worden sei. Unter Hinweis auf Ziffer 5.9 des Tarifvertrages machte die Klägerin darauf aufmerksam, daß die Beklagte die Beschäftigung nur aus wichtigem Grund beenden könne, weil die Klägerin das 50. Lebensjahr vollendet und unter Berücksichtigung der Tätigkeit bei dem Deutschlandfunk mindestes 10 Kalenderjahre tätig gewesen sei. Ferner führte die Klägerin an, daß sie wegen ihrer Sprachkenntnisse und Vorbildung ohne weiteres in anderen Abteilungen als Redakteurin oder freie Mitarbeiterin beschäftigt werden könne. Vorsorglich mache die Klägerin einen Ausgleichsanspruch gemäß § 5.5 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen für die Zeit ab dem 01.01.1995 geltend. Im Anschluß daran führt der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin wie folgt weiter aus:
„Nach den uns vorliegenden Unterlagen ist Frau Dr. Liethschmidt teilweise als Arbeitnehmerin beschäftigt worden, so insbesondere in der Samstags-Sendung, die sie von 1982 bis 1994, ab 1984 alternierend mit Herrn Lundin gestaltet hat. Seit der Übernahme der Redaktion durch die Deutsche Welle war sie in dieser Sendung als Redakteurin am Mikrophon und als Moderatorin tätig. Darüber hinaus hat sie Nachrichten zusammengestellt und gesprochen. Der „Bericht aus Bonn” wurde immer vorher mit der Redaktion abgesprochen, d. h. die Themen wurden ihr von der Redaktion vorgegeben. Der von ihr geschriebene Text wurde dann auch von ihr selbst gesprochen. Anschließend wurde ein von der Redaktion vorgefertigtes Sendeband gesendet. Unsere Mandantin war 6 Jahre lang jeden Samstag im Studio Bonn bzw. Köln und seit ca. 4 Jahren im Wechsel mit Herrn Lundin ...