Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung. Vorlage Ärztlicher Bescheinigung
Leitsatz (amtlich)
Die Aufforderung des Arbeitgebers nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG bedarf weder einer Begründung des Arbeitgebers noch eines Sachverhalts, der Anlass für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers gibt.
Normenkette
EFZG § 5 Abs. 1 S. 3; GewO § 106; BGB §§ 611, 242, 1004
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 03.05.2011; Aktenzeichen 8 Ca 2519/11) |
Nachgehend
Tenor
1) Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2011 – 8 Ca 2519/11 – wird zurückgewiesen.
2) Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung einer arbeitgeberseitigen Anweisung.
Die 1953 geborene Klägerin ist seit März 1982 bei der Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, beschäftigt. Sie ist zuletzt als erste Redakteurin in der Programmgruppe „Gesellschaft und Dokumentation” tätig. Ihr monatlicher Bruttoverdienst beträgt ca. 6.300 EUR. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag des W K (MTV) Anwendung.
Die Klägerin stellte für den 30.11.2010 bei dem Leiter ihres Programmbereichs einen Dienstreiseantrag. Diesem Antrag wurde nicht entsprochen. Nachdem auch eine nochmalige Nachfrage der Klägerin wegen der Dienstreisegenehmigung am 29.11.2010 abschlägig beschieden wurde, meldete sich die Klägerin am Tag der beabsichtigten Dienstreise, dem 30.11.2010, krank. Die Beklagte forderte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 10.12.2010 auf, künftig am ersten Tag der Krankmeldung ein ärztliches Attest einzuholen und vorzulegen. Das vorgenannte Schreiben hat folgenden Wortlaut:
„Krankschreibungen
Liebe S.,
ich möchte kurz die Vorgänge der zurück liegenden Woche rekapitulieren.
Für Mittwoch, den 30. November 2010 hattest du einen Dienstreiseantrag gestellt, dem ich nicht entsprochen habe. Dies wurde dir vertretungsweise von S Ende der Vorwoche schriftlich mitgeteilt. Noch am Montag, den 29. November ließest du erneut nachfragen, ob die Reise für den Folgetag nicht doch genehmigt werden könne (was ich nicht getan habe). Am 30. November nun meldetest du dich krank. Ich bat um unverzügliche Lieferung eines ärztlichen Attestes. Dieses Attest, ausgestellt am 1. Dezember, ging mir am Folgetag zu, an dem du dich allerdings auch bereits wieder gesund meldetest.
Diese Abläufe erschüttern mein Vertrauen in diese Krankmeldung.
Ich bitte dich daher, bei zukünftigen Krankheitsfällen schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest zu liefern.”
Mit Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten teilte die Klägerin der beklagten Rundfunkanstalt mit, dass keinerlei Anhaltspunkte für einen Missbrauchsverdacht gegeben seien und insbesondere kein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem abgelehnten Dienstreiseantrag bestünde. Gleichzeitig forderte sie die Beklagte auf, das im Schreiben vom 10.12.2010 geäußerte Verlangen nachvollziehbar zu begründen oder dieses ausdrücklich zurückzunehmen. Die Beklagte wies ihrerseits mit Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten darauf hin, dass die Aufforderung zur Vorlage der ärztlichen Bescheinigung ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit nach ihrer Auffassung keiner Begründung bedürfe. Die Klägerin erkundigte sich daraufhin beim Betriebsarzt der Beklagten per E-Mail danach, wie viele Mitarbeiter des Beklagten verpflichtet seien, am ersten Tag ihrer Erkrankung ein ärztliches Attest vorzulegen und ob er das in ihrem Fall für berechtigt halte. Erläuternd heißt es in dieser vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegten E-Mail weiter:
„… Ich bin einmal ein halbes Jahr wegen einer OP, war aber ansonsten in den ersten 30 Jahren meines W -Lebens so gut wie nie krank. Erst jetzt fange ich an, auf Signale meines Körpers intensiver zu hören und entziehe mich hin und wieder den Anfeindungen durch Auszeiten. Ich habe mich früher oft in den W geschleppt, obwohl ich mich anders gefühlt habe. …”
Mit ihrer am 30.03.2011 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die vorgenannte Anweisung der Beklagten vom 10.12.2010.
Sie hat die Auffassung vertreten, sofern der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer im Fall der Erkrankung früher als am vierten Tag die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlange, bedürfe er hierfür einer sachlichen Rechtfertigung, wie beispielsweise eines aus dem Vorverhalten des Arbeitnehmers oder aus Vorerkrankungen herzuleitenden Missbrauchsverdachts. Als Maßstab könne insoweit § 275 Abs. 1a SGB V herangezogen werden. Eine solche sachliche Rechtfertigung sei bezüglich der streitgegenständlichen Anweisung der Beklagten nicht gegeben. Das Verhalten gegenüber der Klägerin stelle sich daher als willkürlich dar und verletze das allgemeine arbeitsrechtliche Schikaneverbot.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihre Anweisung vom 10.12.2010, im F...