Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Rücknahme und Entfernung aus der Personalakte des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
1. Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine ungerechtfertigte Abmahnung, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Rücknahme und Beseitigung dieser Abmahnung aus seiner Personalakte (wie LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06).
2. Stützt der Arbeitgeber eine Abmahnung auf mehrere Vertragsverstöße, die vom Arbeitnehmer bestritten werden, und ist auch nur eine dieser vom Arbeitgeber behaupteten Pflichtverletzungen entweder nicht zutreffend oder nicht erwiesen (hier: das angebliche Führen von unberechtigten Gesprächen durch den Arbeitnehmer mittels des Telefons des Arbeitgebers), ist die Abmahnung insgesamt ungerechtfertigt und damit aus der Personalakte des Arbeitnehmers zu entfernen (im Anschluss an BAG, Urteil vom 13.03.1991 – 5 AZR 133/90, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Abmahnung; LAG Hamm, Urteil vom 10.01.2006 – 19 Sa 1258/05, NZA-RR 2006, 290, 292; LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06, zu II. 2. der Gründe).
3. Wirft der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in einer Abmahnung angebliche arbeitsvertragswidrige Äußerungen vor, hat er diese – unabhängig davon, ob es sich hierbei tatsächlich um arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers handelt – in der Abmahnung in einer für den Arbeitnehmer deutlich erkennbaren Art und Weise darzustellen. Der pauschale Vorwurf des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe gegenüber einer dritten Person geäußert, dass für Gerichtsprozesse 65.000 EUR zurückgestellt worden seien und ein anderer Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten habe, reicht insoweit nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Abmahnung entnehmen lässt, wann und wo genau der Arbeitnehmer diese Äußerungen getätigt haben soll.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1; BGB §§ 12, 862, 1004
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 24.11.2006; Aktenzeichen 5 Ca 6466/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.11.2006 – 5 Ca 6466/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rücknahme von zwei Abmahnungen und deren Entfernung aus der Personalakte.
Die Klägerin ist seit dem 01.03.1994 bei der Beklagten als zweite Betriebsleiterin in deren R beschäftigt und stellvertretende Vorsitzende des dort bestehenden Betriebsrats.
Mit Schreiben vom 17.05.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung, da bei der Überprüfung der Einzelverbindungsnachweise der abgehenden Rufe vom Restaurant A aufgefallen sei, dass während der Schichten, die von dieser geführt worden seien, in den Monaten September 2005 bis Februar 2006 einige Telefon- und Telefaxnummern, u.a. von einem Rechtsanwalt, der NGG und dem D, die betrieblichen Belangen nicht zuzuordnen seien, überproportional vertreten seien. Insgesamt handele es sich um 45 Telefonate und Telefaxe, die über den Verlauf des gesamten Tages von 08.07 Uhr bis 22.22 Uhr verteilt seien. Gegen die Kontaktaufnahme mit diesem Personenkreis bzw. deren Vertretern im Rahmen der Betriebsratstätigkeit sei nichts einzuwenden, sofern sich die Telefonate auf die eigentliche Betriebsratsarbeit beschränkten. Der beigefügten Aufstellung sei aber zu entnehmen, dass die Klägerin permanent während ihrer Tätigkeit als zweite Betriebsleiterin Betriebsratsarbeiten verrichtet habe. Zudem stünden die Gespräche mit dem D nicht in Verbindung mit den betrieblichen Tätigkeiten oder der Betriebsratsarbeit. Die Telefonate könnten daher nur den persönlichen Interessen der Klägerin gedient haben, nämlich der Vorbereitung ihrer Rechtsstreitigkeiten, die sie gegen das Unternehmen derzeit führe.
Mit Schreiben vom 16.06.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung, da sie gegenüber einem Lieferanten geäußert habe, dass für Gerichtsprozesse 65.000 EUR zurückgestellt worden seien und ein Mitarbeiter eine Abmahnung erhalten habe, die an sich eine andere Mitarbeiterin hätte erhalten müssen. Zudem könne ihr Personalleiter bezeugen, dass sie in der Güteverhandlung eines Arbeitsgerichtsprozesses gegenüber der Vorsitzenden geäußert habe, dass das Unternehmen ca. 60.000 EUR für Gerichtsprozesse gebucht habe, um sie damit um ihre Bonuszahlung zu bringen.
Mit ihrer am 14.08.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 11.08.2006 hat die Klägerin die Beklagte auf Rücknahme dieser beiden Abmahnungen und deren ersatzlose Entfernung aus der Personalakte in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die erste Abmahnung sei ihr bereits deshalb zu Unrecht erteilt worden, weil die Beklagte die Daten unberechtigterweise unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erlangt habe. Die Vorwürfe, die in der zweiten Abmahnung enthalten seien, seien unzutreffend.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die am 17.05.2006 und 16.06.2006 erteilten Abmahnungen zurückzunehmen und aus der Personalakte ersatzlo...