Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Kleinbetrieb
Leitsatz (amtlich)
Kündigung im Kleinbetrieb, Sittenwidrigkeit und Treuwidrigkeit.
Normenkette
KSchG § 23; BGB §§ 138, 242
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 01.12.2009; Aktenzeichen 16 Ca 5262/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.12.2009 – 16 Ca 5262/09 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Beklagten und über Weiterbeschäftigung
Die am 1951 geborene Klägerin ist verheiratet. Ihr Ehemann hat kein Einkommen. Die Klägerin ist seit dem 01.04.1974 als Orthoptistin in der zu der augenärztlichen Fachpraxis des Beklagten gehörenden Sehschule beschäftigt. In der Sehschule werden überwiegend Kinder behandelt, deren Alter zwischen drei und vier Monaten und dem Schulalter liegt.
Der Betrieb des Beklagten ist ein Kleinbetrieb, der nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt.
Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad von 60 %. Sie war in den letzten Jahren im Umfang von 15 Wochenstunden zu einem Monatslohn von 1.650,– EUR brutto beschäftigt. Ihre Arbeitszeit verteilte sich auf mittwoch-, donnerstag- und freitagnachmittags zu je 5 Stunden.
In der Sehschule des Beklagten sind zwei weitere Arbeitnehmerinnen, nämlich Frau P ünch und Frau M tätig. Sie leisten zwischen 18 und 21 Stunden wöchentlich.
Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 17.06.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.03.2008 und bis zum 31.03.2017, dem Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze, bewilligt.
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte der Klägerin zuvor und im Zusammenhang mit dem Rentenbescheid einen sog. 400,– EUR Job angeboten hat. Unstreitig ist, dass dabei nicht über den Umfang der Arbeitszeit gesprochen wurde. Wegen des Rentenbescheides darf die Klägerin nicht mehr als durchschnittlich 3 Stunden wöchentlich leisten und nicht mehr als 400,– EUR verdienen. Tatsächlich wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin im August und September 2008 auf der Basis von 400,– EUR abgerechnet. Im November 2008 erhob die Klägerin Feststellungsklage vor dem Arbeitsgericht Köln auf Feststellung, dass ein entsprechendes Teilarbeitsverhältnis zustande gekommen sei.
Unter dem 26.01.2009 beantragte der Beklagte beim Integrationsamt die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung. Das Integrationsamt erteilte diese Zustimmung mit Bescheid vom 12.05.2009, der dem Beklagten am 14.05.2009 zugestellt wurde. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19.05.2009, der Klägerin am 23.05.2009 zugegangen, zum 31.12.2009. Dagegen erhob die Klägerin am 05.06.2009 Kündigungsschutzklage. Gegen den Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes legte sie Widerspruch ein, der zurückgewiesen wurde. Die dagegen beim Verwaltungsgericht erhobene Klage wurde von diesem am 24.03.2011 abgewiesen.
Die Klägerin hält die Kündigung für sitten- und treuwidrig. Sie verstoße auch gegen das ultima-ratio-Prinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Die Kündigung sei widersprüchlich, weil der Beklagte der Klägerin selbst zunächst einen 400,– EUR Job angeboten habe. Konkret hat sie dazu vorgetragen, schon am 06.11.2007 habe sie, die Klägerin, sich an den Beklagten gewandt und beantragt, im Rahmen des Hamburger Modells wieder eingegliedert zu werden. Dem habe der Beklagte zugestimmt. Am selben Tag habe er jedoch angeregt, dass die Klägerin auf einer 400,– EUR Basis für ihn tätig werden solle.
Im Frühjahr 2008 habe sie sich mit einer weiteren Arbeitsunfähigkeit erneut an den Beklagten gewandt und ihn gebeten, es mit dem Hamburger Modell zu versuchen. Am 16.05.2008 habe der Beklagte sie unter vier Augen gefragt, ob sie denn zwischenzeitlich den Rentenantrag gestellt habe. Sobald die Rente bewilligt wäre, könne sie auf 400,– EUR Basis für ihn tätig werden. Die Klägerin habe den Beklagten dann Ende Juni unmittelbar nach Erhalt des Bewilligungsbescheides über die Erwerbsminderungsrente informiert. Hier habe der Beklagte erneut gefragt, ob sie nicht auf 400,– EUR gehen wolle. Ende Juli 2008 unmittelbar nach Erhalt ihrer bisherigen Nettovergütung habe sie diese bis auf einen Betrag von 399,– EUR zurücküberwiesen und dem Beklagten gesagt, sie wolle nunmehr nur noch auf 400,– EUR Basis arbeiten. Sie habe dem Beklagten gesagt: „Ihr Wunsch geht in Erfüllung. 3 × 5 Wochenstunden sind mir zu viel. Ab 01.07.2009 möchte ich auf 400,– EUR Basis arbeiten.” Der Beklagte habe geantwortet: „Das kann man so nicht machen, die Abrechnung für Juli ist schon raus.” Sie, die Klägerin, habe geantwortet: „Ich habe das Julientgelt bis auf 399,– EUR zurücküberwiesen.”
Am 14.08.2008, am ersten Arbeitstag des Beklagten nach dessen Erholungsurlaub, habe sie sich in das Büro begeben und dem Beklagten erklärt, sie möchte 16 Stunden im Monat à 25,– EUR pro Stunde arbeiten, das ergebe 400,– EUR. Sie würde im August jeweils 1 × in der Woche donnerstags für 3 Stunden kommen, bis die bislang mehrgele...